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Handbuch für die kommunale Auseinandersetzung mit dem ...

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III Rechtsextreme Versammlungen als un<strong>mit</strong>telbare Gefährdung der<br />

öffentlichen Ordnung?<br />

Rechtsextreme Versammlungen und Aufmärsche knüpfen bewusst an <strong>die</strong> nationalsozialistische<br />

Ideologie an, ihre chauvinistischen, antise<strong>mit</strong>ischen und sozialdarwinistischen<br />

Grundpositionen <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> Ziel der Errichtung einer menschenverachtenden,<br />

rechtsautoritären Diktatur. Diese spezifische Koppelung<br />

<strong>mit</strong> der geschichtlichen Erfahrung des realen Versagens des deutschen Volkes<br />

birgt phänomenologisch ein besonderes „Störungspotential“: 24<br />

Inwieweit <strong>die</strong>se Besonderheit nicht nur politisch-historisch festzustellen ist, sondern<br />

hieraus normative Konsequenzen zu ziehen sind, war in den vergangenen<br />

Jahren Gegenstand einer in der Rechtsprechung nach Art und Intensität ungewöhnlichen<br />

Kontroverse zwischen (insb.) 25 <strong>dem</strong> OVG Nordrhein-Westfalen<br />

und <strong>dem</strong> Bundesverfassungsgericht. Kern war <strong>die</strong> Frage, unter welchen Voraussetzungen<br />

bei rechtsextremen, neonazistischen Versammlungen eine un<strong>mit</strong>telbare<br />

Gefährdung der öffentlichen Ordnung 26 anzunehmen ist, <strong>die</strong> das<br />

Verbot einer Versammlung rechtfertigt. 27<br />

Hinter <strong>die</strong>sem Konflikt steht letztlich <strong>die</strong> Frage, ob das Grundgesetz eine implizit<br />

oder explizit antifaschistische Rechtsordnung bildet. 28 Politisch auf den<br />

ersten Blick sympathischer ist der Ansatz des OVG Nordrhein-Westfalen. Ver-<br />

24 Vgl. Rossen-Stadtfeld (Fn. 12). BayVBl. 2009, 41 (45).<br />

25 BayVGH, B. v. 26.11.1992 – 21 B 92.1672 – BayVBl. 1993, 658 (659); HessVGH, B. v. 3.2.1989 –<br />

3 TH 375/89 – NJW 1989, 1448 (aggressive ausländerfeindliche Wahlwerbung); B. v. 17.9.1993<br />

– 3 TH 2190/93 – NVwZ-RR 1994, 86 (87) („Ja zur Reichskriegsflagge“); VGH BW, B. v.<br />

22.1.1994 – 1 S 180/94 – NVwZ-RR 1994, 393.<br />

26 Umfassend zu <strong>die</strong>sem Begriff des Versammlungsrechts Chr. Baudewin: Der Schutz der öffentlichen<br />

Ordnung im Versammlungsrecht, 2007.<br />

27 Zu Einzelheiten s. R. Röger: Demonstrationsfreiheit <strong>für</strong> Neonazis? Analyse des Streits zwischen<br />

BVerfG und OVG NRW und Versuch einer Aktivierung des § 15 VersG als ehrenschützende<br />

Norm. Berlin 2004; W. Leist: Versammlungsrecht und Rechtsextremismus. Die rechtlichen<br />

Möglichkeiten, rechtsextreme Demonstrationen zu verbieten oder zu beschränken. Hamburg<br />

2003, 94 ff.; P. Bühring: Demonstrationsfreiheit <strong>für</strong> Rechtsextremisten. Verfassungsrechtliche<br />

Spielräume <strong>für</strong> eine Verschärfung des Versammlungsgesetzes. München 2004, 7 ff.; Battis<br />

/ Grigoleit: Die Entwicklung des versammlungsrechtlichen Eilrechtsschutzes – eine Analyse<br />

der neuen BVerfG-Entscheidungen. NJW 2001, 2051; <strong>die</strong>s., Neue Herausforderungen an das<br />

Versammlungsrecht. NVwZ 2001, 121; Beljin: Neonazistische Demonstrationen in der aktuellen<br />

Rechtsprechung. DVBl. 2002, 15; Hoffmann-Riem: Neuere Rechtsprechung des BVerfG zur<br />

Versammlungsfreiheit. NVwZ 2002, 257; ders. (Fn. 10), NJW 2004, 2777; Bertrams: Demonstrationsfreiheit<br />

<strong>für</strong> Neonazis? In: FS C. Arndt zum 75. Geburtstag. Baden-Baden 2002, 19 ff.; Roth:<br />

Rechtsextremistische Demonstrationen in der verwaltungsgerichtlichen Praxis. VBlBW 2003, 41;<br />

Dietel: Ist <strong>die</strong> öffentliche Ordnung tragfähige Rechtsgrundlage zum Einschreiten bei rechtsextremistischen<br />

Aufmärschen? Die Polizei 2002, 337.<br />

28 Vgl. o., Abschnitt II.4.<br />

118 Rechtsextremismus und öffentlicher Raum

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