PDF zum Download - Tim Boson / Condor
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TSWS:<br />
Das ist in der Tat so. M. a. W.: Liegen die geometrischen Daten eines optimierten Raketenmotors<br />
sowie Förderdruck und Massenstromverhältnis von Brennstoff & Oxydationsmittel<br />
fest, so ist der optimale Schub FE vac eindeutig bestimmt. Die MM liefert dazu einen dem spezifischen<br />
Vakuumimpuls IE vac zugeordneten Eigenwert von ṁ.<br />
Im LFAR geht es durch die Einbeziehung der gewählten idealtypischen Konfiguration des<br />
Raketenmotors genau um diese Zusammenhänge! Es ist evident, dass die Rocketdyne-<br />
Ingenieure davon 1980 nichts wussten. Die verantwortlichen Ingenieure des MSFC zwar auch<br />
nicht, aber sie wussten von der Existenz des LFAR, jedoch nicht, ob es korrekte Aussagen<br />
liefert. Welche Konsequenzen sich daraus im Einzelnen am MSFC und besonders für die Rocketdyne-Teams<br />
ergaben – darüber ist bis heute so wenig bekannt, dass man nur mit bestem<br />
Wissen & Gewissen mutmaßen kann.<br />
<strong>Tim</strong> <strong>Boson</strong>:<br />
Also – dann mutmaßen Sie einmal!<br />
TSWS:<br />
Zumindest die MSFC-Ingenieure, die Kenntnis vom LFAR hatten, mussten spätestens irritiert<br />
worden sein, als der 1980er Vorschlag der Rocketdyne-Ingenieure auf ihrem Schreibtisch lag.<br />
Er sprach zwar von großen Fortschritten im Sicherheitsdesign, enthielt aber keinerlei Kommentar<br />
betreffend der im LFAR angedeuteten Möglichkeit, über die Wahl der Querschnittsflächen<br />
des Raketenmotors gegebenenfalls evtl. Leistungsverluste auch durch Erhöhung der<br />
Brennkammertemperaturen auszugleichen. Es ist nicht anzunehmen, dass das MSFC ihren<br />
Vertragspartner Rocketdyne über diese Option offiziell informiert hat, bevor die Seriosität<br />
dieser Option zweifelsfrei geklärt war.<br />
Nach den Ausführungen meiner Gesprächspartner vom MSFC am 15. August 1983 suchten<br />
sie seit 1980 nach US-Experten (welcher Provenienz erfuhr ich nicht; es waren wohl, wie man<br />
der Teilnehmerliste des Workshops im Februar 1985 entnehmen konnte, die stets anwesenden<br />
omniscienten Physiker und einige Thermodynamik-Professoren), die bereit waren ein Gutachten<br />
über das LFAR zu erstellen. Das Ergebnis war, wie man mir sagte, gleich Null.<br />
Erstaunlicherweise gab es offenbar aber auch keine Inhouse-Expertise des MSFC. Das hat<br />
mich – naiv wie ich war – überrascht, war doch damals am MSFC zweifellos die Crême de la<br />
Crême der Raketenexperten weltweit versammelt.<br />
Heute weiß ich, es ist ein Signum von ‚bottom-up design’, dass sich z. B. Mitarbeiter nach<br />
einem Kodex verhalten, der aus dem “bereits Bekannten” oder dem “modisch Traditionellen”<br />
kommt und daraus auch Ideen schöpft. Leider führt das auch dazu, dass Gewohnheiten oder<br />
neuerdings verbreitete Denk- & Sprachmuster nicht wirklich hinterfragt, sondern lediglich<br />
reproduziert werden. Das Ganze kann dann in einem SYSTEMFEHLER enden.<br />
M. a. W.: Soll ‚bottom-up design’ erfolgreich sein, muss diese Praxis ‚Gleichschaltung im<br />
Denken’ voraussetzen. Das wäre eine ‚Art innersystemische Political Correctness’: Wer dagegen<br />
ist, fliegt! Das Problem dabei ist, dass eine Gemeinschaft von Mitarbeitern die Tendenz<br />
hat, irgendwann nur noch sich selbst zu referieren. Es kommt zur Degeneration durch “systemische<br />
Inzucht”. Was ursprünglich scheinbar der bequemere Weg war, nämlich die Selbstbestätigung<br />
in der Tradition, kollabiert dann plötzlich zu besagtem Systemfehler.<br />
Zusammengefasst: Die Strategie eines ‚bottom up design’ fühlt sich am Anfang für alle zwar<br />
“bequemer” oder “sicherer” an – tatsächlich ist sie aber durchaus riskant, wenn auch begrenzt.<br />
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