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Dr. Martin Luthers Fünfundzwanzig Psalmen - Licht und Recht

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110 Psalm 22.<br />

daß man Gott verlieret, <strong>und</strong> daß es nicht will aufhören. Das tut denn wehe, daß er sagt: ich rufe,<br />

aber was hilft’s? Es ist kein Retten da, wer weiß, wann die Hilfe kommt? Also geht es mit allen Anfechtungen<br />

<strong>und</strong> Leiden, daß kein Ende darin zu sehen ist. Unsere Leute jetzt zu Augsburg, die haben’s<br />

auch versucht. 216<br />

Mein Gott, des Tages rufe ich, so antwortest du nicht.<br />

Hier machet er’s noch größer <strong>und</strong> greulicher mit einer Vergleichung. Dies mein Leiden, spricht<br />

er, hat seinesgleichen nirgend; daß er keinen Heiligen siehet also leiden. Da hat der Teufel also zugeblasen:<br />

Warum verzweifelst du nicht, dieweil du deines Leidens Gleichen oder Exempel nirgend<br />

siehest? Es ist keiner nie gewesen, der so schändlich gelitten hat; auf dir liegt Gottes Zorn allein.<br />

Ein Sprichwort haben wir, das wohl gemein, aber sehr gut ist, dem Verstand nach: In Unglück ist<br />

Gesellschaft dem, der da leidet, ein Trost <strong>und</strong> Freude. Ein armer Sünder kann sich dennoch des trösten:<br />

Ich habe gesündigt – das ist wahr; aber Petrus, David haben auch gesündiget, du bist weder<br />

der Erste, noch der Letzte. Solche Exempel sind uns tröstlich. Aber des Herrn Christi Leiden machen<br />

alle dergleichen Umstände schwer <strong>und</strong> groß. Das hat er für <strong>und</strong> um unserer Sünde willen gelitten:<br />

das sollten wir lernen; so aber müssen wir ins Teufels Namen den Aristotelem dafür lesen, <strong>und</strong><br />

die Lehre dazu auch aufs Ärgste verfolgen.<br />

Mein Gott, des Tages rufe ich.<br />

Mein Leiden ist ohne Ende, <strong>und</strong> finde ich darinnen meines gleichen nicht. Ich laufe in meinem<br />

Leiden durch alle Leiden aller derer, die je gelitten haben, <strong>und</strong> sehe dennoch, daß du sie errettet<br />

hast. Aber hier bin ich jetzt der allein, so schreiet, <strong>und</strong> werde nicht erhöret.<br />

Und des Nachts schweige ich auch nicht.<br />

Schweigen heißet, daß einer nicht verzaget <strong>und</strong> bestürzt in seinem Herzen ist.<br />

Aber du bist heilig, der du wohnest unter dem Lob Israels.<br />

Ist ein dunkler Vers, den ich also verstehe: Auf daß es nicht den Schein hätte, als lästerte er Gott,<br />

wird dazu getan dies beherzte <strong>und</strong> starke Wort: Du bist heilig, das ist, du bist Lobens wert, bist nicht<br />

zu lästern; es ist die Schuld nicht dein, daß ich also leide; so tust du mir auch kein Unrecht, so ich<br />

stürbe, sondern bleibest gleichwohl heilig unter dem Lobe Israels. Darum sollst du nicht gelästert<br />

werden, sondern ich sage, daß du bist das Lob Israel <strong>und</strong> zu loben unter demselbigen Volk: daß er<br />

also damit gleichsam straft seine vorige Klage: Warum hast du mich verlassen? welches lautet<br />

gleich einer Gotteslästerung. Du hast recht getan, wie es einem rechten, frommen, treuen Gott wohl<br />

anstehet.<br />

Unsere Väter hofften auf dich.<br />

Er hält sich gegen andere Heilige; mir gehet’s, spricht er, nicht also, wie andern. Wenn die Väter<br />

gerufen haben, so ist ihnen geholfen worden; ich aber rufe auch <strong>und</strong> werde dennoch nicht errettet.<br />

Solches Vergleichen macht nicht allein das Betrübnis <strong>und</strong> Leiden schwerer, sondern ist auch zugleich<br />

ein halber Trost mit. Du hast ihnen geholfen, hast sie nicht lassen stecken, du wirst mir auch<br />

helfen. Also überwindet er die Vergleichung, die ihn schrecken sollte, kehret sie um <strong>und</strong> braucht sie<br />

zum Trost; wie David auch tut Ps. 77: Wenn ich betrübet bin, so denke ich an Gott. Item: Ich gedenke<br />

an die Taten des Herrn. Den Gott rufen wir an, der uns durch das rote Meer geführet hat. Und an<br />

einem andern Ort: Daran gedenket, wie unsern Vätern ist geholfen worden (Ps. 104 (105)). Also<br />

verkehret Christus dieses in seinen Zügen <strong>und</strong> Trauern in einen Trost. Das ist denn eine hohe Kunst.<br />

216 Augsburg, 1530, unsere Leute in der Anfechtung.

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