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Dr. Martin Luthers Fünfundzwanzig Psalmen - Licht und Recht

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Psalm 25.<br />

Der Psalm betrifft gar einzelne Not <strong>und</strong> Händel. Es ist darin nichts vom öffentlichen Predigtamt<br />

oder weltlicher Herrschaft, sondern es ist bloß ein Gebet des Gewissens für sich selbst <strong>und</strong> seine<br />

Not, darinnen er bittet, daß ihm Gott wolle gnädig sein, seine Sünde vergeben <strong>und</strong> ihn fromm 272 machen,<br />

leiten <strong>und</strong> führen: daß es also ist eine Beichte oder Bekenntnis der Sünde, darin er auch klagt<br />

über seine Feinde <strong>und</strong> bittet um Weisheit <strong>und</strong> Gerechtigkeit.<br />

Zu dir, Herr, erhebe ich meine Seele.<br />

Seine Seele erheben, das ist der rechte Ernst des Gebets, welches nicht ist ein unnützes Gespräch,<br />

noch von vielen Worten. Und haben die nicht recht gelehret, so gesagt haben, daß das Gebet<br />

sei eine Erhebung oder Auffahrt des Herzens zu Gott; 273 sondern es ist, wie der Psalm hier sagt, eine<br />

Erhebung der Seele. Die Seele aber ist das Verlangen <strong>und</strong> Seufzen des Herzens, das da Angst <strong>und</strong><br />

Schmerzen fühlet vor großem Verlangen. Meine Seele, spricht er, seufzet nach dir <strong>und</strong> begehret etwas.<br />

Und ist sehr herzlich <strong>und</strong> ernstlich gemeint, daß er saget, nach dir; als wollte er sagen: Ich kann<br />

sonst nirgend hin. Daraus denn scheint, daß ihn seine Sünde gedrückt <strong>und</strong> er den Zorn Gottes gefühlt<br />

hat; <strong>und</strong> dennoch wendet er sich mit seinem Gebet gegen den zornigen Gott. Wenn einer nun<br />

das: „nach dir,“ singen kann, wenn er Gottes Zorn auf sich fühlet, <strong>und</strong> kann etwas begehren wider<br />

Gott, das ist, dem entgegen wie sich Gott fühlen lässet, – das ist eine Kunst. Es plagen uns entweder<br />

die Sünden oder andere Schrecken, <strong>und</strong> sei es nun, welches es wolle, so fühlet man Gott nicht anders,<br />

denn als einen zornigen Gott; daher es denn kommt, daß einer hier hinaus, der andere dort hinaus<br />

Zuflucht suchet, <strong>und</strong> einer die Jungfrau Maria, der andere St. Peter anrufet. Aber es hilft alles<br />

nichts, sondern das ist der beste Rat, daß du durch dieselben Wolken des Zorns Gottes hindurch brechest,<br />

<strong>und</strong> gedenkest, wie Gott im Verborgenen <strong>und</strong> dir dennoch günstig sei; wie er hier sagt: Gott,<br />

ich verlasse mich auf dich, mein Gott, ich traue <strong>und</strong> hoffe auf dich.<br />

Laß mich nicht zuschanden werden, auf daß sich meine Feinde nicht freuen.<br />

Da sehen wir, was seine Sache ist, nämlich, daß ihn Schrecknis <strong>und</strong> sein Gewissen drückt. Nun<br />

ist aber solches beides ein Bild des zornigen Gottes; wie uns jetz<strong>und</strong> zu Augsburg unsere Sünden<br />

drücken, die ein jeder für sich selber fühlt, <strong>und</strong> plagen die Widersacher. Wir bitten aber für solches<br />

beides, nämlich daß uns Gott unsere Sünden verzeihen, <strong>und</strong> unsere Feinde zuschanden machen <strong>und</strong><br />

umbringen wolle.<br />

Auf daß sie sich nicht freuen.<br />

All ihr Ding ist triumphieren <strong>und</strong> damit umgehen, daß wir mit Schanden müssen unterliegen. Damit<br />

bekennet er zwar, daß Schande vorhanden sei <strong>und</strong> er sie fühle; das wünscht er ihm aber <strong>und</strong> bittet,<br />

daß sie nicht Bestand habe <strong>und</strong> er nicht darinnen gelassen werde: Lieber Herr, laß mich nicht<br />

darinnen stecken. Er fühlet auch wohl, daß seine Feinde frohlocken.<br />

Denn keiner wird zuschanden, der dein harret.<br />

Hier tröstet er sich mit einer herrlichen Verheißung, so da fließt aus dem ersten Gebot: 274 Ich bin<br />

der Gott, so da Gutes tut in tausend Glied. Und ist das sehr ernstlich gemeinet, daß er sagt: der dein<br />

harret; ja das tut’s auch. Die Hoffnung aber, die sich verziehet, ängstet das Herz, Spr. 13. Es wollen<br />

272 D. h. gerecht.<br />

273 Was das Gebet sei – zuweilen auch von der Art, daß es etwas begehrt wider Gott – <strong>und</strong> das ist die größte Kunst (s.<br />

weiter unten).<br />

274 Nach andrer Zählung das zweite Gebot.

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