Dr. Martin Luthers Fünfundzwanzig Psalmen - Licht und Recht
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Psalm 16. 69<br />
sollten annehmen, nämlich die Juden; wiewohl es dennoch nicht umsonst ist. Er redet von den Heiligen<br />
auf Erden <strong>und</strong> von der Gnade, so leiblicherweise <strong>und</strong> mit voller Stimme soll offenbaret <strong>und</strong><br />
ausgebreitet werden. W<strong>und</strong>erbare aber oder Herrliche, um das so große Vertrauen auf Christum<br />
herrlich, teuer geachtet – die großen Heiligen, so vor der Welt nichts sind, vor Gott aber sind sie alles.<br />
Das ist nun der Nutz <strong>und</strong> Frucht der Passion, daß dieselbigen Heiligen herrschen über die Sünde<br />
<strong>und</strong> den Tod, <strong>und</strong> die Welt überwinden. Das sind Könige, Hohepriester <strong>und</strong> herrliche Heilige. Das<br />
sucht nun Christus mit seinem Leiden, seinem Gottesdienst, daß wir glauben, daß er für uns gelitten<br />
<strong>und</strong> wir durch sein Leiden haben den Sieg über den Tod <strong>und</strong> die Sünde; wie er im zweiten Psalm<br />
gesagt hat: Küsset den Sohn. Nun verwirft er das ganze Judentum, welches da heilig sein will um<br />
seiner Verdienste willen. An diesen Heiligen, spricht er, habe ich mein Wohlgefallen. Sie gefallen<br />
niemand, denn allein mir. Das sind die rechten Heiligen, die durch mich geheiligt werden, wider das<br />
Gesetz Mosis. Wie Paulus sagt, Röm. 8: Welche er gerecht gemacht hat, die hat er auch herrlich gemacht.<br />
Er tut große Dinge durch sie, er überwindet durch sie die Welt, Sünde <strong>und</strong> Teufel. Andere<br />
Heilige können sich nicht der Läuse erwehren in der Kappe, geschweige denn, daß sie W<strong>und</strong>erwerke<br />
tun. Und merke ja, daß er saget, für die Heiligen so auf Erden sind. Das ist fein. Des Herrn<br />
Christi Reich ist auf Erden <strong>und</strong> daselbst geschehen dieselbigen W<strong>und</strong>erwerke über alles Vermögen<br />
<strong>und</strong> Gewalt des Feindes. An denen habe ich all mein Gefallen, nämlich, sie zu heiligen, <strong>und</strong> daß ich<br />
mich durch sie rächen will.<br />
Aber jene, die einem andern nacheilen, werden großes Herzeleid haben.<br />
Jene mag ich nicht. O, sie richten viel Abgötterei an. Also gehet hier nun an der Scheidebrief.<br />
Des Glaubens an des Herrn Christi Leiden wollen sie nicht, sondern wollen’s mit Werken verdienen.<br />
Darum habe ich gelitten für die Heiligen, an denen ist mein Wohlgefallen. Die andern haben<br />
der Abgötterei viel gemacht. Ist sehr wahr geredet. Sie lassen sich an einem Werk, wie es nun sein<br />
möge, nicht genügen, es muß heißen: viel gemacht. Also waren die Augustinermönche zuerst, danach<br />
kamen die andern Bettelmönche; denn da gilt’s keines Aufhörens, Abgötterei <strong>und</strong> Aberglauben<br />
zu mehren. So haben sie ohn End viel erdacht ihrer Orden, Messen, Werke etc., als die immerdar<br />
gelernet haben <strong>und</strong> nimmer zur Erkenntnis der Wahrheit gekommen sind, 2. Tim. 3. Wer derhalben<br />
mangelt des Glaubens an das Leiden <strong>und</strong> Auferstehen Christi, der fällt in die Abgötterei <strong>und</strong> hilft<br />
der Götzen viel machen. 141<br />
Denen eilen sie nach.<br />
Sie machen derselbigen nicht allein viel, sondern sie treiben es mit höchstem Ernst. Wir treiben<br />
unsern Glauben nicht so hart als die Schwärmer. 142 Sie wollen gern ihren Irrtum durch <strong>und</strong> durch<br />
über ganz Deutschland bringen. Des Ursach ist: Sobald einer vom Glauben fället, so jagt ihn der<br />
Teufel, er muß fort; wie der Prophet hier sagt, sie haben der Abgöttereien viele, denen dienen sie<br />
mit höchstem Fleiß. Auf daß man aber gewiß wüßte, wer sie wären, davon er sagt, 143 setzt er hinzu:<br />
Ich will ihres Trankopfers mit dem Blute nicht opfern.<br />
Ist ein kurzes Abschaffen aller Opfer <strong>und</strong> des Alten Testaments. Ich will nicht opfern, auch ihren<br />
Namen nicht in meinen M<strong>und</strong> nehmen; die ihre Opfer treiben im Blut, derer will ich nicht; die Opfer<br />
sollen ab sein, <strong>und</strong> wer dabei bleibet, der soll ein Götzendiener sein. Sie kehren sich aber nicht<br />
daran, wie es jetz<strong>und</strong> auch gehet. Unsere Pfaffen halten jetzt viel strenger ob ihrem Tun denn vor-<br />
141 Wer des Glaubens an das Leiden <strong>und</strong> die Auferstehung Christi mangelt, fällt in Abgötterei.<br />
142 Wiedertäufer, wie Denk, Melchior Hoffmann, vorher Karlstadt, auch Schwenkfeld etc. s. Kolde Bd. II, S. 417 ff.<br />
über die Täufer zu Psalm 12,1 die Anmerkung. Sie waren die Radikalen jener Zeit.<br />
143 Nun wendet L. sich wieder in seinen Gedanken zu den kurz zuvor genannten Mönchen, d. h. Werktreibern; diese<br />
waren die Konservativen <strong>und</strong> stehn ihm immerdar als der den Radikalen entgegengesetzte Pol vor Augen.