Dr. Martin Luthers Fünfundzwanzig Psalmen - Licht und Recht
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66 Psalm 15.<br />
Und seinen Nächsten nicht schmähet.<br />
Schänden <strong>und</strong> nachreden: daß sie uns Ketzer <strong>und</strong> Bösewichter heißen; wenn sie das können ausrichten,<br />
so ist ihr Mütlein gekühlet. Aber der Gerechte tut seinem Nächsten kein Leid, weder mit<br />
Worten noch mit Werken. Da stehet gar nichts von grauen Kappen <strong>und</strong> Caseln <strong>und</strong> sind dennoch bei<br />
den Papisten die besten Werke.<br />
Wer die Gottlosen nicht achtet, sondern ehret die Gottesfürchtigen.<br />
Das ist der schönste Vers. Denn der Gerechte ist kein Anseher der Personen. Die Widersacher<br />
aber stehen ganz <strong>und</strong> gar ob dem Ansehen der Person. Ob einer gleich ein böser Bube ist, ist er<br />
mächtig, wohlan, so hofieret man ihm; aber der Gottesfürchtige siehet nicht an, wie heilig, gelehrt,<br />
reich, mächtig einer ist, er fragt schlicht also: Tut Herzog Georg auch das, daß er das Wort in Achtung<br />
behalte, <strong>und</strong> seinen Nächsten nicht beleidige? Siehet er die Tugend an ihm, so ehret er ihn, <strong>und</strong><br />
ob er gleich ein Bettler wäre; siehet er sie nicht an ihm, so hält er ihn, als einen bösen Menschen,<br />
für nichts, saget’s ihm, strafet ihn. Du verachtest, spricht er, Gottes Wort, du schmähest deinen<br />
Nächsten, darum will ich mit dir unverworren sein. Zu der Tugend muß einer viel zusetzen, <strong>und</strong> wagen<br />
Leib <strong>und</strong> Gut; wie unser frommer Kurfürst, 139 weil er sich so gar von den andern absondert der<br />
Lehre halben. So sagt nun der Psalm: Ein solcher Mann siehet nicht an die Person, ob er reich oder<br />
arm sei, sondern siehet nur auf das Gebot Gottes. Denn er weiß, daß es ihm unser Herr Gott wohl<br />
vergelten kann. Das sind nun Werke, so unter den Christen umgehen <strong>und</strong> geübet werden gegen Gott<br />
<strong>und</strong> dem Nächsten. Nun wird er auch sagen von ihren Händeln <strong>und</strong> Geschäften.<br />
Wer seinem Nächsten schwöret <strong>und</strong> hält es.<br />
Läuft ein solcher Mann von den Leuten in die Wüsten? 140 Nein, sondern er bleibt mitten unter<br />
den Geschäften der Welt; er muß sich auch in der Welt nähren. Und nachdem er nun gesagt hat von<br />
den Werken, so eine jede Person für sich selbst betreffen, sagt er weiter von Händeln, Werken oder<br />
Geschäften. Das sind denn auch gute Werke, welche niemand achtet, redlich <strong>und</strong> treulich mit den<br />
Leuten handeln; wie es denn sein muß, daß einer hält, was er geredet hat. Es ist aber solche Tugend<br />
auch seltsam, <strong>und</strong> wenig Leute machen sich eine Konscienz darüber. Daher denn diese Sprichwörter<br />
gekommen sind: Die Welt ist Untreu voll; item: Gute Worte, wenig dahinter. So saget er nun von einem<br />
frommen Mann, daß er in den Händeln stecke, <strong>und</strong> sei allwege treu. Soll er nun allwege Glauben<br />
halten, so wird es wahrlich ohne seinen Schaden nicht abgehen; denn man wird ihm nicht allwege<br />
wieder Glauben halten. Daraus siehest du auch, daß Wechsel, Hantierung, Kaufen <strong>und</strong> Verkaufen<br />
unter den Christen ziemlich <strong>und</strong> erlaubet sei.<br />
Wer sein Geld nicht auf Wucher gibt.<br />
Ho, ho, wo sind die? So ist’s ja Christen ziemlich <strong>und</strong> erlaubet mit Gelde zu handeln; Wucher<br />
aber ist ihnen nicht erlaubet. Diese guten Werke sind im Papsttum gar verblichen, die Mönche wissen<br />
nichts davon zu sagen, denn sie sind nicht in den Händeln.<br />
Und nimmt nicht Geschenke über den Unschuldigen.<br />
Da sticht er die großen Hansen, die richten oder zeugen können, <strong>und</strong> lassen sich korrumpieren.<br />
Es ist aber solche Sünde gemein gewesen in demselbigen Volk, <strong>und</strong> haben die Juden sonderlich in<br />
diesen letzten drei Stücken zu weit gegriffen <strong>und</strong> gesündiget; wie es denn noch unter den Reichen<br />
<strong>und</strong> unter dem Adel gehet. Es gehören aber solche Stücke in das neunte <strong>und</strong> zehnte Gebot, daß sie<br />
139 Herzog Johann von Sachsen.<br />
140 Gegen die Mönche <strong>und</strong> die mittelalterliche Anschauung der Dinge.