Dr. Martin Luthers Fünfundzwanzig Psalmen - Licht und Recht
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129 Psalm 24.<br />
von ihrer Unreinigkeit, sondern erkennen <strong>und</strong> rühmen eine Reinigkeit, damit sie sich aber vielmehr<br />
verunreinigen <strong>und</strong> besudeln.<br />
Und schwöret nicht fälschlich.<br />
Das ist, der den Namen des Herrn nicht fälschlich anruft. Schwören ist ein Wort der falschen<br />
Propheten, welcher Gewohnheit ist, daß sie unter dem Namen des Herrn lehren, <strong>und</strong> ihre Lügen verkaufen;<br />
das heißt denn, vergeblich oder fälschlich schwören. So muß man ja würgen, abgöttisch<br />
sein, stolz sein, bös <strong>und</strong> unrecht lehren u. a., wegtun, wenn es im Wege ist: so bleibt der Name Gottes<br />
recht, das Anrufen, Demut <strong>und</strong> Liebe rechtschaffen. Solches aber haben weder ein Jude noch der<br />
Papst, sondern ein Christ. So liegt ja danieder allhie zugleich Judentum <strong>und</strong> Papsttum, daß man nur<br />
habe rechten reinen Glauben <strong>und</strong> rechtschaffene Demut; denn das Andere gilt alles nichts.<br />
Der wird den Segen vom Herrn empfahen.<br />
Das ist, ein jeder, der solches tun wird, den wird Gott segnen, ohne Ansehen, was er sei, er sei<br />
ein Jude oder keiner: daß er also schlechthin wegnimmt den Segen von allen, die ein Ansehen haben<br />
<strong>und</strong> haben wollen. Und ist dies eine große Verheißung, daß der, so sein Leben <strong>und</strong> Hände unschuldig<br />
hat, gewiß sein soll, daß er einen Gott habe; item, daß er soll genug haben hie <strong>und</strong> dort. Das gehöret<br />
aber dazu, daß, wer vom Herrn gesegnet wird, von der Welt <strong>und</strong> den Menschen muß verfluchet<br />
sein. Steht gleichwohl hie, vom Herrn, <strong>und</strong> ist der Segen wohl so stark als jener Fluch.<br />
Und Gerechtigkeit von dem Gott seines Heils.<br />
Er soll den Heiligen Geist <strong>und</strong> Gnade Gottes dazu haben. Ist das Wort, das im Hosea steht Kap.<br />
6: Ich will Barmherzigkeit, <strong>und</strong> nicht Opfer. Solche Gerechtigkeit aber ist nicht die Gerechtigkeit<br />
des <strong>Recht</strong>s oder öffentlichen Amts oder der Obrigkeit; sondern die einer dem andern unter uns selber<br />
schuldig ist, als allerlei Wohltat, die wir dem Nächsten schuldig sind <strong>und</strong> leisten. So sagt er nun:<br />
Er wird Gerechtigkeit, das ist, Gutes <strong>und</strong> Wohltat <strong>und</strong> Barmherzigkeit empfangen von dem Gott seines<br />
Heils; damit er denn auch bekennet, daß ihm die Menschen Übels tun <strong>und</strong> ihm fluchen. Und<br />
sind solches starke Verheißungen, die sich aber zur Zeit der Anfechtung nicht wollen sehen lassen.<br />
Das ist das Geschlecht, das nach ihm fraget, das da suchet dein Antlitz, Jakob.<br />
Jakob fasse ich auf als Christus, damit er das ganze Volk auf Christum hinwende, der da ist der<br />
Same Jakobs. Hier 258 schließt er die Frage ab, wer da gehe auf den Berg des Herrn, wer da gerecht<br />
<strong>und</strong> Christi Volk sei. Denn andere glauben auch stark, daß sie den Herrn suchen; wissen aber nicht,<br />
daß sie sich selbst <strong>und</strong> das Ihre suchen, auch bei dem Herrn, welches eine greuliche Unreinigkeit<br />
ist. Darum wir denn diese unsere Zeit auch beklagen müssen, darinnen so große Blindheit auch in<br />
denen ist, so die Besten sind, 259 daß sie alle andere Mittel <strong>und</strong> Wege versuchen, dadurch sie zu Gott<br />
kommen mögen, ohne diese, welche sie in diesem Psalm täglich lesen, beten <strong>und</strong> lehren.<br />
Es wird die Christenheit 260 mit so vielen Dekreten der Päpste, Aufsätzen, Gebeten, Ablaß, Zeremonien<br />
etc. beschwert, daß man wohl Argwohn haben möchte, das Gesetz Mosis wäre zweimal <strong>und</strong><br />
gedoppelt gekommen. Zur Reinigkeit aber des Herzens <strong>und</strong> Tötung des alten Menschen, welche allein<br />
erfordert das Gesetz Christi, können sie mit selbigen abergläubigen Dingen so wenig kommen,<br />
daß sie vielmehr die Unreinigkeit des Herzens verursachen <strong>und</strong> durch keinen Weg den alten Menschen<br />
mehr stärken, denn eben durch denselbigen, dadurch sie zum Herrn zu kommen sich unterste-<br />
258 Einschaltung aus einer handschriftlichen Auslegung <strong>Luthers</strong> (1530), s. Erl. Ausg. 17, 294, 38, 358.<br />
259 Das kann von den heute sogenannten „Aufgeklärten“ auch gelten, was Luther im Text sagt. Mit den „Besten“ sind<br />
die Humanisten etwa gemeint. Es ist das aber die eine Sorte der Christen, die nicht zum Berge des Herrn gehen.<br />
260 Er hebt hier an mit der andern Sorte damaliger Christen – mit den Altgläubigen, die nicht zum Berge des Herrn gehen.