Dr. Martin Luthers Fünfundzwanzig Psalmen - Licht und Recht
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Psalm 16. 71<br />
Gehorsam. Das ist denn ein rechter Doktor, der erstlich von Gott gelehret wird <strong>und</strong> darnach selber<br />
Erfahrung hat. Erfahrung aber ist, wenn Gott mit dem Rate hilft, daß einer denkt, ich will’s ausharren;<br />
wie Ps. 130 steht: Von einer Morgenwache bis zur andern. Über dem Rat erfährt man’s. Diese<br />
Doktores können danach predigen <strong>und</strong> gewiß davon reden. Darum rühmet sich Christus selber auch,<br />
daß er ein solcher Doktor aus Erfahrung worden sei.<br />
Meine Nieren.<br />
Das ist, mein Fleisch. Der Geist ist zwar willig, das Fleisch aber schwach; dasselbe will nicht<br />
daran, es tut dem Geist groß Leid. 144 Durch die Nieren werden Lüste, Neigungen <strong>und</strong> alles, da einer<br />
Lust zu hat, in der Schrift bedeutet. So sagt er nun: Ich habe mich zubissen 145 mit meinen Nieren,<br />
meine Lüste <strong>und</strong> Affekte hätten gern nicht gelitten; wie er saget Matth. 26: Der Geist ist willig, das<br />
Fleisch aber schwach. Das Fleisch <strong>und</strong> der Affektus wollten lieber Lust haben, denn Leiden, Freude,<br />
denn Schmerzen; aber mit (von) den Nieren lernet man, wie Paulus saget: Mit dem Fleisch diene<br />
ich dem Gesetze der Sünde, Röm. 7; <strong>und</strong> Christus Luk. 22: Herr ist es möglich, so nimm diesen<br />
Kelch von mir. Das sind die Nieren gewesen; aber es will’s nicht tun. Man muß die Nieren züchtigen<br />
des Nachts, denn ein böser Gedanke ist bei Nacht noch einmal so schwer als bei Tage. Das<br />
Fleisch ist nicht gern gestorben; er hat’s aber dennoch überw<strong>und</strong>en. So saget er nun: Ich danke meinem<br />
Gott, der mich gelehrt hat, meine Nieren zu überwinden. Nun berichtet er weiter, was für ein<br />
Rat es gewesen sei.<br />
Ich habe den Herrn allezeit vor Augen.<br />
Mit dem hat unser Herr Gott das Herz erhalten, daß ich immer gehofft habe, ob ich gleich sterbe,<br />
er werde dennoch zur <strong>Recht</strong>en sein. So derhalben die Nieren unwillig werden <strong>und</strong> murren, so übe<br />
du dich gegen sie <strong>und</strong> stehe fest <strong>und</strong> gedenke, daß dir Gott ist zur <strong>Recht</strong>en. Laß gleich den Satan<br />
sein zur Linken bei den Nieren, unser Herr Gott stehet dennoch auf der besten Seite; Christus hat<br />
ihm auch also tun müssen. 146<br />
Ich habe den Herrn allezeit vor Augen.<br />
Ich habe ihn vor meine Augen gesetzet, daß mir ihn keine Anfechtung aus den Augen rücket; damit<br />
denn alle Anfechtungen umgehen <strong>und</strong> wollten uns den Christum gerne nehmen 147 <strong>und</strong> den Teufel<br />
an die Statt setzen. Solches klagt hier der, so das Haupt ist aller Heiligen; 148 darum wird uns solches<br />
zu leiden auch vorfallen.<br />
Denn er ist mir zur <strong>Recht</strong>en, darum werde ich wohl bleiben.<br />
Daß ich nicht soll untergehen, noch aus dem Ort, da Gnade <strong>und</strong> Heil ist, verrücket werden. Dies<br />
(ist) sein öffentliches Bekenntnis des Kreuzes, denn solches beweiset klar, daß er selber bekennet,<br />
daß es zur Linken 149 übel gehe, daß es immer klopfe <strong>und</strong> stoße.<br />
Darum freuet sich mein Herz.<br />
Das ist mein Trost, in dem Rat habe ich mich erhalten, daß ich ja unsern Herrn Gott soll vor Augen<br />
haben, ob ich’s gleich zur Linken 150 anders fühlete.<br />
144 In der Parallelauslegung heißt es über diesen Streit: gesinnt sein <strong>und</strong> wollen, was recht ist, <strong>und</strong> dennoch nicht ver -<br />
mögen zu folgen: – ganz nach Gal. 5,17 <strong>und</strong> Röm. 7.<br />
145 Gestritten.<br />
146 Christus leidet <strong>und</strong> spricht in diesem Psalm, <strong>und</strong> ist mitten im Kampf gestanden, den auch wir erdulden müssen.<br />
147 Die Anfechtungen wollen uns Christum gern nehmen <strong>und</strong> den Teufel an die Statt setzen.<br />
148 Christus klagt hier im Psalm.<br />
149 Gleich oben, wo Satan zur Linken steht <strong>und</strong> die Nieren (das Fleisch) anstachelt.<br />
150 D. h. vom Fleische her.