Dr. Martin Luthers Fünfundzwanzig Psalmen - Licht und Recht

142 Psalm 25.
Bewahre meine Seele und errette mich; laß mich nicht zuschanden werden, denn ich traue
auf dich.
Hier kommt er zum Ende. Ich befehle dir meine Seele, laß mich nicht zuschanden werden. Du
bist langmütig, und mußt mit der Strafe, damit du langsam bist, harren; indes behüte mich. Also haben
wir überantwortet unsere Konfession; 299 was gilt’s, er wird sich auch wiederum beweisen, daß
er unser Gott sei, daß wir nicht zuschanden werden mit unserm Glauben.
Schlecht und recht, das behüte mich.
Diesen Spruch haben die Papisten übel verstanden und, angezogen von den Heiligen; so doch
schlecht und recht das ist, daß ich aufrichtig bin und ohne Tadel in meinem Leben. Recht ist, daß
man ohne Falsch und Heuchelei ist; die es heraus sagen, wie es ihnen ums Herz ist, gehen frei hindurch
mit Leben und Reden, lassen sich nicht lenken oder beugen auf Personen, Gunst und Wahl
etc. So bittet er nun: Bewahre mich, daß ich ein reines und richtiges Leben habe.
Denn ich harre dein.
Es gilt Harrens. Ist der Beschluß dieses Gebets.
Gott, erlöse Israel aus aller seiner Not.
Solches hänget er mit an als ein Gebet für das ganze Volk. So tue, will er sagen, dem ganzen Königreich
auch, denen die im Priestertum und weltlichem Regiment sitzen. Und sehen wir hier, wie
dieses Reich allezeit 300 in Nöten und Trübsal gewesen ist.
299 Also die Augsburger Konfession ist bereits überreicht. – Nachdem die Augsburger Konfession überreicht worden,
schließt der Kampf im Innern ab, und die Psalmenauslegung versiegte, oder pausierte doch nach Psalm 20 (1. Juli).
300 Also auch ferner bis aus unsere Tage.
Anm. In einer andern Auslegung gibt Luther folgendes als Inhalt des 25. Psalms an: Oratio Christi in persona ecclesiae
suae, ut ait Augustinus, remissionem peccatorum et gratiam, atque ab inimicis liberationem postulantis. (Ein
Gebet Christi, in der Person seiner Kirche, wie Augustin sagt, worin er Vergebung der Sünden, Gnade und Befreiung
von seinen Feinden erbittet.)
Luthers hermeneutischer Kanon war eben: Scriptura est pro Christo intelligenda, d. h. die Schrift will verstanden
sein als Christus bezeugend, für Christus zeugend. Und dasselbige lehren uns diese 25 Psalmen abermals, die den
Namen eines wahren Schatzkästleins verdienen.