Dr. Martin Luthers Fünfundzwanzig Psalmen - Licht und Recht
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32 Psalm 6.<br />
Gnad <strong>und</strong> Barmherzigkeit fliehen, nicht rufen noch bitten soll; wie jetz<strong>und</strong> die Papisten auch tun.<br />
Nun ist aber nicht beten Gott verachten <strong>und</strong> dahertreten mit Vermessenheit der Werke.<br />
[Daß unter Übeltätern nicht allerlei Ungerechte verstanden sind, sondern die großer Heiligkeit<br />
<strong>und</strong> Weisheit sind, bewähret sich aus Matth. 7, da der Herr Christus eben diesen halben Vers einführet<br />
wider die, so am jüngsten Tage sagen werden: Ei Herr, haben wir nicht gepredigt in deinem Namen,<br />
<strong>und</strong> viel W<strong>und</strong>erzeichen getan? Diesen Klugen <strong>und</strong> Heiligen wird hier durch Christum gegeben,<br />
daß sie heißen operarii iniquitatis, Übeltäter, darum daß sie das Gute nicht recht tun.<br />
Das sind nun die rechten Feinde der Christenheit. Denn sie hat noch nie andere Feinde gehabt,<br />
noch hat, noch haben wird, denn die da <strong>Recht</strong> haben wollen, <strong>und</strong> um Ungerechtigkeit willen vermeinen<br />
die Gerechten zu vertilgen, so sie doch mit allem Fleiß also leben, daß sie nur in Ruhe, Friede,<br />
Ehre, Gemach, Genüge <strong>und</strong> nicht in Kreuz oder Unruhe leben mögen; <strong>und</strong> von den andern groben<br />
Sündern keinen andern Unterschied tragen, denn daß jene in fleischlichen Dingen Lust suchen,<br />
<strong>und</strong> diese in ihren geistlichen Gütern, Weisheit <strong>und</strong> Vernunft <strong>und</strong> Frömmigkeit, ja hoffärtiger <strong>und</strong><br />
tiefer in Lust derselben stecken, denn die groben Sünder im Fleisch.]<br />
Denn der Herr höret mein Weinen, der Herr höret mein Flehen, mein Gebet nimmt der Herr<br />
an.<br />
Es ist mir um das Gebet zu tun; ich bin erhöret; wie er droben im vierten Psalm rühmet: Wisset,<br />
daß der Herr etc. Wir werden’s auch nicht anders machen, wir müssen auf Barmherzigkeit warten<br />
<strong>und</strong> rufen. Und hiemit offenbart er uns seine Andacht <strong>und</strong> Religion, 82 die nicht anderes sei, sagt er,<br />
denn Weinen, Flehen <strong>und</strong> Beten. Welche solches im Glauben auf Barmherzigkeit tun können, die<br />
sind recht.<br />
Der Vers schließt <strong>und</strong> erweist, daß bei Gott Gnade <strong>und</strong> nicht Verdienst gelte, sondern die Gnade<br />
des, der ihn hört; damit bekennt er, daß es liege an Gottes Erbarmen <strong>und</strong> nicht an jemandes Laufen,<br />
Röm. 9. 83<br />
[Weinen geht vor Wirken, <strong>und</strong> Leiden übertrifft alles Tun.<br />
Dieweil sie oben liegen <strong>und</strong> meinen <strong>Recht</strong> zu haben, so glauben sie nicht, daß die, die unterliegen,<br />
vor Gott etwas seien, sondern sie meinen Gott einen Dienst damit zu tun <strong>und</strong> der Wahrheit beizustehen.<br />
Und diese Unfurcht <strong>und</strong> Sicherheit verdammt <strong>und</strong> verdirbt all ihr Tun, denn ohne Furcht<br />
<strong>und</strong> Demut kann niemand Gott behagen. Darum spricht er: Gott ist so beraten. Das Opfer, das Gott<br />
behaget, ist ein betrübter Geist, <strong>und</strong> ein demütiges, zerbrochenes Herz verschmähst du nicht; <strong>und</strong> im<br />
34 Psalm: Nah ist Gott allen denen, die eines leidenden <strong>und</strong> betrübten Herzens sind.<br />
Nichts anderes drücken die Worte unseres Verses aus, denn eine geistarme Seele, die nichts mehr<br />
hat, denn das Geschrei, Flehen <strong>und</strong> Bitten in festem Glauben, starker Hoffnung <strong>und</strong> steter Liebe.]<br />
Es müssen alle meine Feinde zuschanden werden <strong>und</strong> sehr erschrecken, sich zurückkehren<br />
<strong>und</strong> zuschanden werden plötzlich.<br />
<strong>Dr</strong>außen hat er Verfolgung seiner Lehre, inwendig aber den Teufel. Darum bittet er, daß seine<br />
Feinde zu beiden Teilen schamrot, erschrecket <strong>und</strong> also vollkommlich zuschanden werden mögen,<br />
daß sie es wieder erst müssen versuchen; so würden sie ablassen von ihrer Vermessenheit, <strong>und</strong> würden<br />
ihre Schande tragen <strong>und</strong> sagen: O Herr, du bist gerecht, wir aber müssen uns schämen, Dan. 9.<br />
Nun folgt der siebente Psalm, da muß er auch ein Aufrührer werden.<br />
82 Welches seine Andacht <strong>und</strong> Religion sei – nämlich Weinen, Flehen <strong>und</strong> Beten, – <strong>und</strong> zwar im Glauben an die göttliche<br />
Barmherzigkeit! Solche seien rechter Art.<br />
83 Gnadenwahl ist <strong>Luthers</strong> Lehre um 1530 <strong>und</strong> so auch immerdar geblieben!