Dr. Martin Luthers Fünfundzwanzig Psalmen - Licht und Recht

88 Psalm 18.
Und bei den Reinen bist du rein.
Die reine Augen haben, die sehen, daß du auch rein bist. Solches ist sehr fein zu sehen am Wort,
denn ohne das Wort kann Gott nicht erkannt werden. Darum ist das Wort heilig, gut und rein, das
sehen wir; bei ihnen aber ist’s ein Ungeziefer.
Und bei den Verkehrten bist du verkehrt.
Wie sie verkehrt sind, so bist auch du verkehrt. Sie aber sind verkehrt, darum machen sie dich
auch verkehrt, und du bist ihnen nicht heilig, sondern unheilig, du bist ihnen nicht fromm und ohne
Wandel, sondern wandelhaftig, nicht rein, sondern unrein, darum, daß sie unheilig, wandelhaftig,
arg und unrein sind. Denn solche Gedanken haben sie. Und geschieht solches auch in der Anfechtung,
daß wir mit unserm Herrn Gott müssen verkehrt sein. Also heißen mich die Papisten einen
verkehrten Menschen, nicht aus meiner Gebrechlichkeit, sondern aus ihrer, dieweil sie verkehrt
sind. Denn der Text sagt: Bei den Verkehrten bist du verkehrt. Gott würde sich nicht verkehren lassen,
wo sie nicht selber verkehrt würden; aber wie sie sind, so muß er hintennach.
Denn du hilfst dem elenden Volk.
Die die Unheiligen, Verkehrten und Unreinen mit dir sein (heißen) müssen – das ist das Volk,
dem du hilfst.
Und die hohen Augen niedrigest du.
Das ist die Ursache, darum sie unheilig und verkehret sind, daß sie viel von sich halten, welches
denn die Ursache oder Ursprung ist aller Ketzereien; wie der weise Mann sagt, Sir. 10: Da kömmt
alle Hoffart her, wenn der Mensch von Gott abfällt; und wie auch Augustin sagt: Ehrgeiz ist eine
Mutter aller Ketzereien. Also verbreiten Zwinglius und Bucerus eine neue Lehre unter das Volk, 181
darum, daß sie gern wollten über uns sein, so sie doch die rechte Lehre von uns gelernet haben; darum
sie uns denn billig sollten gehöret haben. Aber das tun sie für sich selber nicht, so begehren
wir’s auch nicht sonderlich. Wir wollten sie gerne neben uns gehen, predigen und lehren lassen;
aber sie tun’s nicht. Sie wollten gerne die Vordersten sein. So gar ein gefährlich Ding ist Hoffart in
geistlichen Dingen. Man soll nur an dem lernen, daß wir unsers Herrn Gottes Hilfe suchen und Gott
die Ehre geben und sagen: Herr, ob ich gleich die ganze Schrift kann, so kann mich doch bald eine
Anfechtung übereilen, daß ich nicht ein Wort noch einen Spruch 182 von der Schrift wissen kann, wie
mir selber oft widerfahren ist. Aber das tun sie nicht.
Denn du erleuchtest meine Leuchte; der Herr, mein Gott, macht meine Finsternis licht.
Ist auf der Hebräer Weise geredet. Die Leuchte im Volk ist der König, denn er ist durch Gottes
Wort dazu verordnet, und Gott selber regiert durch die Könige, und wenn sie ihrem Amte recht vorstehen,
so gehorchen Gott selbst alle, die ihnen gehorsam sind. Also ist ein Hausvater in seinem
Hause auch die Leuchte. Darum sagt er: Ich war gar erloschen bei Sauls Zeiten, aber nun hast du
meine Leuchte erleuchtet, dein Wort ist aufgekommen, da können sich die Leute danach richten;
nun leuchtet wieder mein Regiment. Und bis daher hat er nun gesagt vom Saul, an welchem er seinen
ersten und grausamsten Feind gehabt hat.
Denn mit dir kann ich Kriegsvolk zerschmeißen. 183
zweier- ein Mann, der gerüstet ist. Man kann es aber hier auf ‏,גZד heißt ein Kriegsmann, vom גiדוד
lei Weise verstehen: Ich, als ein gerüsteter Mann, will zerschmeißen, oder: ich will die, so gerüstet
181 Im Original steht Novum dogma: vom heiligen Abendmahl. Vgl. oben S. 75 die Note.
182 Und kein Vaterunser. Anfechtung stößt alles um.
183 Fortgesetzt am 13. Juni.