Monitoring der Arbeitsmarktöffnung - L&R Sozialforschung
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ekommen, auch wenn die Bezahlung unter den kollektivvertraglichen Mindestlöhnen<br />
zurück bleibt (Int. 18).<br />
Mit dem Motiv „Hauptsache Arbeit in Österreich“ und <strong>der</strong> Bereitschaft, jegliche Jobs<br />
anzunehmen, ist – so die Erfahrungen in <strong>der</strong> Beratungspraxis – auch ein „Hereinfallen“<br />
auf „windige Firmen“ und „dubiose ArbeitsvermittlerInnen“ möglich bzw. wahrscheinlich<br />
(Int. 2, 9, 11). Nach <strong>der</strong> Bewerbung über ein Stelleninserat im Internet und einer Besprechung<br />
auf <strong>der</strong> Baustelle werde zu arbeiten begonnen, mitunter stelle sich <strong>der</strong> Arbeitgeber<br />
aber bald als Scheinfirma heraus, die in Konkurs geht und <strong>der</strong> vereinbarte<br />
Lohn wird nie ausbezahlt – <strong>der</strong> typische Fall von Lohn- und Sozialbetrug im Baubereich<br />
(s. auch Reindl-Krauskopf/Meissnitzer 2010a,b). Die Durchsetzung von Lohnansprüchen<br />
<strong>der</strong> ArbeitnehmerInnen ist in diesen Fällen – aufgrund des oftmals nicht nachweisbaren<br />
Bezugs zwischen DienstgeberIn und DienstnehmerIn – schwierig, und die<br />
Arbeiterkammer muss mitunter bei Fällen ohne Aussicht auf Durchsetzung <strong>der</strong> Ansprüche<br />
das Ansuchen um Rechtsvertretung ablehnen (ebd.). Bei ArbeitnehmerInnen mit<br />
Arbeitserfahrung in Österreich habe sich diese Betrugspraxis herumgesprochen, so die<br />
Einschätzung von Seiten einer Expertin, und diese seien überwiegend vorsichtig geworden<br />
und würden versuchen, nur für solche Unternehmen zu arbeiten, in die sie persönliche<br />
Kontakte haben. Mit <strong>der</strong> Arbeitsmarktöffnung sei <strong>der</strong> „Pool“ an „unvorsichtigen“<br />
ArbeitnehmerInnen wie<strong>der</strong> größer geworden (Int. 2).<br />
2.2.2 Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Beschäftigungsformen<br />
Im Weiteren interessiert die Frage, ob es bei Beschäftigungsformen zu Verschiebungen<br />
gekommen ist. Dahinter steht die These, dass durch ein gesteigertes Arbeitskräfteangebot<br />
das ‚Normalarbeitsverhältnis‘ unter Druck gerät, und atypische Formen – wie<br />
geringfügige Beschäftigung, Leiharbeit, Neue Selbstständigkeit – einen Aufwind erfahren.<br />
Die quantitativen Analysen des wifo haben vor allem eine verhältnismäßig starke<br />
Zunahme von geringfügiger Beschäftigung aufgezeigt, sowie eine Abnahme von<br />
selbstständigen Beschäftigungsverhältnissen. Was bedeutet dies in <strong>der</strong> Praxis?<br />
Die Zunahme atypischer Beschäftigung wird von VertreterInnen <strong>der</strong> Interessensvertretungen<br />
<strong>der</strong> ArbeitnehmerInnen generell als problematische Entwicklung in den unterschiedlichsten<br />
Bereichen beobachtet, jedoch stellt niemand <strong>der</strong> Befragten einen unmittelbaren<br />
Bezug zur Arbeitsmarktöffnung her. 15<br />
Geringfügige Beschäftigung<br />
Die Zunahme geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse unter EU-8 BürgerInnen nach<br />
<strong>der</strong> Arbeitsmarktöffnung, die aus den quantitativen Analysen ersichtlich wird (vgl. Huber/Böhs<br />
2011:57), ist für die meisten InterviewpartnerInnen zum Teil beobachtbar,<br />
zumeist jedenfalls nachvollziehbar, allerdings mit Unterschieden zwischen den Branchen.<br />
Im Tourismus etwa ist die geringfügige Anmeldung generell eine häufiger werdende<br />
Konstellation, berichten ExpertInnen des Feldes (Int. 22, 24). Dabei handelt es<br />
sich <strong>der</strong> Wahrnehmung <strong>der</strong> ExpertInnen zufolge teilweise auch um Studierende – auch<br />
aus den EU-8 Län<strong>der</strong>n – was auch als Einstiegskonstellation in den Arbeitsmarkt zu<br />
interpretiert ist (Int. 7, 22, 24). Im Baubereich wird geringfügige Beschäftigung eher als<br />
ein neues Phänomen registriert, und zum Teil als Legalisierungsform für ehemals<br />
15<br />
Freie Dienstverträge als spezielle Form atypischer Beschäftigung werden von ExpertInnen so gut wie<br />
nicht angesprochen bzw. im Kontext <strong>der</strong> Arbeitsmarktöffnung als nicht relevant eingestuft (Int. 1, 9)<br />
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