Monitoring der Arbeitsmarktöffnung - L&R Sozialforschung
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unsichtbar zu sein, und Schätzungen über das Ausmaß und die Verbreitung werden<br />
von den InterviewpartnerInnen kaum angestellt. Tendenziell wird kein Rückgang erwartet,<br />
da <strong>der</strong>en Vorteile – wie bisher auch – sowohl für ArbeitgeberIn als auch ArbeitnehmerIn<br />
bestehen. So besteht vielfach mehr die Hoffnung auf einen positiven Lenkungseffekt<br />
als dessen konkrete Beobachtung.<br />
2.2.4 Entsendungen<br />
Informationen zu Dynamiken im Bereich von grenzüberschreitenden Entsendungen im<br />
Zuge <strong>der</strong> Arbeitsmarktliberalisierung sind auf Basis verfügbarer quantitativer Analysen<br />
nicht vorhanden. Auf Ebene <strong>der</strong> ExpertInnengespräche nehmen zahlreiche Personen<br />
eine Zunahme von Entsendungen aus den EU-8 Staaten, vor allem im Bausektor und<br />
das in fast allen Regionen Österreichs, wahr (s. Int. 5, 19, 20, 23, s. ausführlich Kapitel<br />
4). Der/die Experte/in <strong>der</strong> BUAK interpretiert vor dem Hintergrund <strong>der</strong> generellen Beschäftigungszunahme<br />
im Bau in den Monaten nach <strong>der</strong> Arbeitsmarktöffnung diese Zunahme<br />
als tatsächliche Zunahme echter Entsendungen und nicht als Verdrängungen<br />
inländischer ArbeitnehmerInnen, und führt diese Steigerung auch nicht primär auf eine<br />
verbesserte Meldemoral nach <strong>der</strong> Liberalisierung zurück.<br />
Wahrnehmbar ist für mehrere ExpertInnen ein verstärktes Auftreten ausländischer<br />
Firmen in Österreich, also die Präsenz neuer – ausländischer – Firmennamen vor<br />
Ort, o<strong>der</strong> einfach auch die „klassischen weißen Kastenwägen mit ausländischem<br />
Nummernschild“. Dies gilt vor allem für das Burgenland (Int. 13, 19) und in Nie<strong>der</strong>österreich<br />
(Int. 8, 11 – hier allerdings nur im östlichen Teil, während in <strong>der</strong> tschechischen<br />
Grenzregion keine Verän<strong>der</strong>ung wahrgenommen wird, Int. 15), aber auch in Tirol (Int.<br />
23) und in Kärnten (Int. 21). Gerade im südlichen Bundesland wird hier eine Ausweitung<br />
wahrgenommen, denn slowenische Unternehmen waren in <strong>der</strong> Region schon lange<br />
tätig, neuerdings sind aber auch Baufahrzeuge mit tschechischen o<strong>der</strong> ungarischen<br />
Kennzeichen auf den Baustellen präsent.<br />
Dass es sich bei den ausländischen Betrieben, die nach Österreich entsenden, verstärkt<br />
auch um Gründungen österreichischer UnternehmerInnen handelt (als Nie<strong>der</strong>lassung/Filiale<br />
o<strong>der</strong> Tochterunternehmen), wird dabei von mehreren ExpertInnen<br />
beobachtet, zum Teil war dieses Vorgehen aber auch schon vor <strong>der</strong> Öffnung verbreitet<br />
(Int. 19). Dies betrifft vor allem den Bereich <strong>der</strong> Güterbeför<strong>der</strong>ung („Ausflaggung“ 22 , Int.<br />
14, 27), <strong>der</strong> Arbeitskräfteüberlassung (Int. 4, 10) und den Bau (Int. 17). Derartige<br />
Gründungen können mehrere Vorteile für österreichische Unternehmen haben. Zunächst<br />
ist die Gründung sehr günstig – für die Gründung einer GmbH in <strong>der</strong> Slowakei<br />
muss man einem/einer ExpertIn zufolge beispielsweise lediglich über ein Stammkapital<br />
von 5.000,- Euro verfügen und mit Kosten von 350,- Euro rechnen. Von dieser Unternehmung<br />
könnten dann Investitionen getätigt werden, bspw. Baumaschinen o<strong>der</strong><br />
Lkws, was zumeist mit steuerlichen Vorteilen verbunden ist. Arbeitskräfte würden im<br />
Land rekrutiert und angestellt, wodurch zumeist auch geringere Sozialbeiträge anfallen<br />
als in Österreich, und nach Österreich entsandt (Int. 17). Über <strong>der</strong>artige Konstruktionen<br />
22<br />
Unter Ausflaggung wird die Registrierung eines Fahrzeugs außerhalb des Heimatstaates des Fahrzeugeigentümers/-eigentümerin<br />
verstanden. Die Fahrzeugeinsatzkosten, aber auch die Lohnkosten werden<br />
dadurch deutlich verringert. Der Einnahmenverlust für die öffentliche Hand in Österreich wurde bereits<br />
2006 mit knapp 50.000 EUR pro ausgeflaggtem Fahrzeug (Sattelschlepper) und Jahr kalkuliert.<br />
Die EU-8 Län<strong>der</strong> galten schon zu jenem Zeitpunkt als sehr attraktive Ausflaggungsziellän<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Logistikbranche<br />
(vgl. Kummer et al. 2006).<br />
21