Monitoring der Arbeitsmarktöffnung - L&R Sozialforschung
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Fallbeispiel 27: Höchstgerichtliches Urteil – Mit einem Gewerbeschein<br />
kann ein tatsächlich bestehendes Dienstverhältnis nicht verschleiert<br />
werden<br />
Der Geschäftsführer einer Bau GmbH wurde bestraft, weil diese Baugesellschaft<br />
als Dienstgeberin auf einer Baustelle im Jahr 2009 zwei polnische<br />
Staatsangehörige jeweils für einige Tage mit dem Verspachteln von<br />
Rigipswänden beschäftigt hat, ohne diese Dienstnehmer vor Arbeitsantritt<br />
beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Für diese<br />
Übertretungen wurden vom unabhängigen Verwaltungssenat Wien Geldstrafen<br />
in <strong>der</strong> Höhe von jeweils 770,- Euro verhängt. Die Beschwerde gegen<br />
dieses Urteil wurde vom Verwaltungsgerichtshof abgewiesen:<br />
In <strong>der</strong> Urteilsbegründung war festgestellt worden, „dass die Arbeitskräfte<br />
im Umfang des unwi<strong>der</strong>sprochenen Tatzeitraumes für das […] Unternehmen<br />
als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen seien; unbestritten sei auch<br />
<strong>der</strong> Umstand <strong>der</strong> fehlenden sozialversicherungsbehördlichen Meldung.<br />
Das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit sei zu verneinen.“ […] Auf<br />
Grund dessen seien diese beiden ausländischen Arbeitskräfte als Arbeitnehmer<br />
<strong>der</strong> Gesellschaft anzusehen.<br />
Dazu führte die Behörde zusammengefasst aus, dass bei <strong>der</strong> nach ihrem<br />
wahren wirtschaftlichen Gehalt vorzunehmenden Beurteilung <strong>der</strong> Tätigkeit<br />
<strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong> zu berücksichtigen sei, dass diese in Arbeitskleidung auf<br />
einer <strong>der</strong> Baugesellschaft zuzurechnenden Baustelle, somit im Arbeitsbereich<br />
dieses Unternehmens angetroffen worden seien. Auf Grund <strong>der</strong> (unwi<strong>der</strong>sprochenen)<br />
Zugrundelegung einer fixen geregelten Arbeitszeit und<br />
<strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ung in den (Baustellen-)Betriebsablauf, <strong>der</strong> Anstellung (wenn<br />
auch im Wege des vorgeblichen Werkvertrages) durch die Baugesellschaft<br />
sowie die ausschließliche Entlohnung durch Letzteren, seien die Parameter<br />
für die Bejahung eines zumindest arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses<br />
jedenfalls gegeben. Die vorliegenden Elemente, wie die Verrichtung einer<br />
untergeordneten Tätigkeit, welche als Hilfsdienst nicht eigener Gegenstand<br />
eines Werkvertrages sein könne (Verspachteln, Schutt wegräumen,<br />
wenn auch nur in Form des Aufkehrens), tägliche geregelte Arbeitszeit und<br />
das Bereitstellen des Arbeitsmaterials durch die Baugesellschaft seien<br />
Umstände, die typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses o<strong>der</strong><br />
zumindest arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bilden würden.<br />
Der Verwaltungsgerichtshof hielt unter Hinweis auf Rechtsprechungsbeispiele<br />
ähnlichen Sachverhalts fest, dass die Innehabung solcher Gewerbescheine<br />
„Teil eines verbreiteten Missbrauchs <strong>der</strong> Gewerbeordnung ist,<br />
<strong>der</strong> zur Verschleierung abhängiger Beschäftigungsverhältnisse dient.“<br />
Weiters begründet sich ein (ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis<br />
ausschließen<strong>der</strong>) Werkvertrag durch eine genau umrissenen<br />
Leistungsumschreibung, die im vorliegenden Fall nicht gegeben war –<br />
<strong>der</strong> VwGH stimmt daher <strong>der</strong> Verneinung eines solchen Werkvertrags-<br />
Tatbestands durch den Verwaltungssenat zu. Bei einfachen manuellen<br />
Tätigkeiten o<strong>der</strong> Hilfstätigkeiten, wozu die gegenständlichen Verspachtelungsarbeiten<br />
zweifelsohne zählen, die keinen maßgeblichen Gestaltungsspielraum<br />
des Dienstnehmers in Bezug auf die Art <strong>der</strong> Arbeitsausführung<br />
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