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Monitoring der Arbeitsmarktöffnung - L&R Sozialforschung

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5.3.5 Weitere Formen von Sozialdumping und Sozialbetrug<br />

Lohn- und Sozialdumping stehen in <strong>der</strong> Praxis in engem Verhältnis mit an<strong>der</strong>en Formen<br />

des Sozialbetrugs, die möglicherweise nicht den/die ArbeitnehmerIn unmittelbar<br />

schädigen, aber den sozialstaatlichen Institutionen erheblichen Schaden zufügen. In<br />

den ExpertInnen-Gesprächen kamen einige weitere Formen zur Sprache, die im Folgenden<br />

kurz dargestellt werden. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Vergehen<br />

in Zusammenhang mit Scheinfirmen, Subvergabepyramiden und komplexen Unternehmensverflechtungen<br />

(siehe ausführlich auch diverse Berichte von Reindl-<br />

Krauskopf/Meissnitzer), um die Nicht-Anmeldung bei Trägern wie <strong>der</strong> BUAK o<strong>der</strong> um<br />

den Missbrauch staatlicher Transfers.<br />

Der Einsatz von Scheinfirmen stellt eine Form <strong>der</strong> Umgehung von Sozialversicherungsbeiträgen<br />

dar, bei dem zwar eine Anmeldung bei dem zuständigen Träger vorgenommen<br />

wird (<strong>der</strong> Versicherungsschutz für die betroffenen ArbeitnehmerInnen also<br />

gegeben ist), <strong>der</strong> aber dennoch eine wichtige Spielart im Feld von Sozialdumping und<br />

Sozialbetrug darstellt (vgl. Reindl-Krauskopf/Meissnitzer diverse Berichte 2010, 2011).<br />

Subvergabepyramiden, in die Scheinfirmen involviert sind und in denen komplizierte<br />

Unternehmensverflechtungen bestehen, finden sich insbeson<strong>der</strong>e im Baubereich, aber<br />

auch in an<strong>der</strong>en Branchen wie beispielsweise im Reinigungs- und Kleintransportwesen.<br />

Mithilfe dieser Konstruktionen können auf verschiedenste Weise Unterentlohnung<br />

und Beitragshinterziehung bei <strong>der</strong> Sozialversicherung bewerkstelligt werden, und die<br />

strafrechtliche Verfolgung dieser Vergehen, und zum Teil auch <strong>der</strong> ArbeitnehmerInnenschutz<br />

gestalten sich schwierig. Mehrere Fallbeispiele beziehen sich auf <strong>der</strong>artige<br />

Firmenkonstruktionen im Hintergrund (s.u.).<br />

Aus den zitierten Untersuchungen <strong>der</strong> Universität Wien zu Sozialbetrug (ebd.) geht<br />

hervor, dass diese Konstruktionen sehr häufige Erscheinungsformen organisierten<br />

Sozialbetrugs sind. Der Zweck von Schein- o<strong>der</strong> Briefkastenfirmen besteht „von Anfang<br />

an in <strong>der</strong> systematischen Verkürzung von Abgaben und SV-Beiträgen“ (Reindl-<br />

Krauskopf/Meissnitzer 2010b:9). Über die Beitragskonten dieser Firmen werden Beschäftigte<br />

bei <strong>der</strong> Gebietskrankenkasse (sowie <strong>der</strong> BUAK im Baubereich) gemeldet<br />

und erlangen auf diese Weise sozialversicherungsrechtlichen Schutz. Dies sind mitunter<br />

bis zu 300 DienstnehmerInnen, die im Auftrag verschiedener Unternehmen tätig<br />

sind, und <strong>der</strong>en Sozialversicherungsanmeldung um einige hun<strong>der</strong>t Euro monatlich erkauft<br />

wird. Sozialversicherungsbeiträge langen auf diesen Dienstgeberkonten jedoch<br />

nie ein. Bis allerdings auf diese Unregelmäßigkeiten von Seiten <strong>der</strong> Gebietskrankenkasse<br />

o<strong>der</strong> auch <strong>der</strong> BUAK reagiert werden kann, erfolgt ein Konkursantrag – ohne<br />

dass die Firma über nennenswerte Vermögenswerte verfügt, auf die zugegriffen werden<br />

könnte, und oftmals sind die GeschäftsführerInnen nicht greifbar. Nicht bezahlte<br />

Löhne werden über den Insolvenz-Entgelt-Fonds (IEF) erstattet, sodass den ArbeitnehmerInnen<br />

zumeist kein unmittelbarer Schaden erwächst. Einen solchen erleiden in<br />

erster Linie die Sozialversicherungsträger, die Abgabenbehörden und <strong>der</strong> IEF. Nach<br />

Angaben <strong>der</strong> Wiener Gebietskrankenkasse beträgt dieser Schaden allein in Wien jährlich<br />

ca. 18 Mio. Euro 58 (Bartos, o.J.: 3).<br />

In den umfangreichen Subvergabepyramiden insbeson<strong>der</strong>e im Baubereich sind häufig<br />

diverse Scheinfirmen involviert, mit <strong>der</strong>en Konkurs von Beginn an gerechnet wird. Diese<br />

Konstruktionen werden als „höchst dynamische Strukturen“ charakterisiert: „Laufend<br />

werden Gesellschaften fallen gelassen (d.h. Insolvenz) und an<strong>der</strong>e neu aktiviert“<br />

58<br />

Bei dieser Summe sind die vom Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds erstatteten Dienstnehmerbeiträge bereits<br />

in Abzug gebracht.<br />

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