Monitoring der Arbeitsmarktöffnung - L&R Sozialforschung
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5.3.2.4 Nicht-Bezahlung von Lohnbestandteilen und Naturalentlohnung<br />
Mit dem LSDB-G werden ausschließlich <strong>der</strong> Grundlohn und das Überstunden-<br />
Grundentgelt gesichert (siehe Kapitel 5.1). Die Nicht-Bezahlung von Son<strong>der</strong>zahlungen<br />
und Zuschlägen ist auf dieser rechtlichen Grundlage nicht einzufor<strong>der</strong>n. Bei <strong>der</strong> Frage<br />
nach Lohn- und Sozialdumping geht es jedoch in einem großen Teil <strong>der</strong> Fälle (auch)<br />
um die nicht korrekte Bezahlung solch verschiedener Lohnbestandteile. Insbeson<strong>der</strong>e<br />
Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Zulagen und Zuschläge werden – so die Beobachtung<br />
<strong>der</strong> ExpertInnen (s. bspw. Int. 3, 6, 14, 17) – sehr häufig gar nicht, nur zum Teil o<strong>der</strong><br />
schwarz ausbezahlt (zur Problematik nicht-bezahlter Überstunden siehe nächstes Kapitel).<br />
Dies ist allerdings, so <strong>der</strong> Tenor, kein neues Phänomen, son<strong>der</strong>n war – mit Unterschieden<br />
in den Branchen – auch bereits vor <strong>der</strong> Öffnung eine verbreitete Form des<br />
Dumpings. Gerade in jenen Fel<strong>der</strong>n, in denen den ArbeitnehmerInnen verschiedene<br />
Zuschläge zustehen und diese einen beträchtlichen Teil <strong>der</strong> Bezüge ausmachen, ist<br />
<strong>der</strong> Vorenthalt dieser Lohnbestandteile von relativ großer Tragweite (Int.17).<br />
Auch die Naturalentlohnung kann als eine Form des Lohn- und Sozialdumpings verstanden<br />
werden, also etwa ein Gehaltsabzug für die Unterkunft. Diese Form wurde im<br />
folgenden Fallbeispiel 23 für das Transportwesen thematisiert, aber auch diese Form<br />
hat im Zuge <strong>der</strong> Liberalisierung keine wesentliche Bedeutungsverän<strong>der</strong>ung erfahren.<br />
Fallbeispiel 23: Pauschaler Lohnabzug für allfällige Reparaturen<br />
Ein Transportunternehmer zieht jedem/r seiner Beschäftigten einen monatlichen<br />
Pauschalbetrag von 300 Euro unter dem Titel „Reparaturkosten“<br />
vom Lohn ab. Als einer <strong>der</strong> ausländischen Fahrer tatsächlich einen Unfall<br />
erleidet und ein Schaden am Fahrzeug entsteht, wird dieser Schaden in<br />
<strong>der</strong> Höhe von gut 1.000 Euro zur Gänze vom Lohn des Betroffenen abgezogen<br />
und er selbst wird gekündigt. Dieser ersucht die Gewerkschaft um<br />
Unterstützung, die für ihn beim Arbeitgeber interveniert, da we<strong>der</strong> die<br />
Lohnabzüge noch die Schadenseinfor<strong>der</strong>ungen zulässig sind. Der Arbeitnehmer<br />
muss in <strong>der</strong> Folge die über 1.000 Euro nicht bezahlen, weil keine<br />
Fahrlässigkeit vorlag, und auch die Lohnabzüge, die innerhalb <strong>der</strong> Frist<br />
von 6 Monaten lagen, werden rückerstattet. Die an<strong>der</strong>en Beschäftigten<br />
des Unternehmens haben zwar zu viel Angst, wegen ihrer Lohnabzüge<br />
ebenfalls Schritte einzuleiten, doch durch dem Umstand, dass die Gewerkschaft<br />
von dieser Praxis Kenntnis erlangt hatte, reicht aus, dass <strong>der</strong><br />
Unternehmer die Abzüge einstellt.<br />
Quelle: ExpertInnengespräch Nr.21<br />
5.3.3 Arbeitszeitfragen als Kernproblem<br />
Für die Beurteilung, ob in einem konkreten Fall Lohndumping vorliegt und <strong>der</strong>/die ArbeitnehmerIn<br />
unterentlohnt ist, ist neben den Informationen zum Entgelt auch das Wissen<br />
über die (tatsächliche) Arbeitszeit zentrale Voraussetzung. Es zeigen sich in den<br />
ExpertInnen-Interviews und den Fallbeispielen im Wesentlichen drei Aspekte, die in<br />
Bezug auf Arbeitszeitfragen problematisch sind: fehlende o<strong>der</strong> nicht wahrheitsgemäße<br />
Arbeitszeitaufzeichnungen, die nicht korrekte Bezahlung von Mehr- und Überstunden<br />
sowie die Thematik <strong>der</strong> Scheinteilzeit.<br />
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