Berichte über Landwirtschaft - BMELV
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Lebensraum Dorf – Methoden, Inhalte und Ergebnisse der Dorferneuerung<br />
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Es sei daran erinnert, dass der Verlust der ursprünglich in der <strong>Landwirtschaft</strong> und<br />
im zugeordneten dörflichen Handwerk gebundenen Arbeitsplätze neben den ebenfalls<br />
verlustigen industriellen, gewerblichen Arbeitsplätzen in den Industrieregionen, zu dem<br />
aktuellen gesellschaftspolitischen Problem Nr. 1 in Deutschland, der Arbeitslosigkeit,<br />
wesentlich beigetragen hat, ohne dass die genannten Berufsgruppen diese Entwicklung<br />
beeinflussen oder gar behindern konnten.<br />
Die Tatsache, dass 2005 <strong>über</strong> die Hälfte der bundesweit noch etwa 396 000 existierenden<br />
Betriebe (4) als sog. Nebenerwerbsbetriebe nur zwischen 2 und 20 ha landwirtschaftlicher<br />
Nutzfläche bearbeiten, verweist auf den drohenden weiteren Verlust bäuerlicher<br />
Betriebe in den Dorfkernen.<br />
Das parallel zu diesem Exodus gesteigerte Leistungsvermögen der <strong>Landwirtschaft</strong><br />
dank Agrarchemie und Landtechnik sei in keinster Weise geschmälert oder in Zweifel<br />
gezogen, obwohl gerade durch die technologische Entwicklung erhebliche ökologische,<br />
verkehrliche und gestalterische Probleme nicht nur in den Dörfern ausgelöst wurden.<br />
<strong>Landwirtschaft</strong>liche Betriebe die, aus welchen Gründen auch immer, aus der Höferolle<br />
gestrichen werden, fallen in den strukturschwachen Regionen als teilweise schwer vermittelbare<br />
Immobilie dann zur Last, wenn nicht eine nachwachsende Generation ausgebildeter<br />
junger Landwirte – ohne eigene „Erbhofstelle“ – diese Leerstände <strong>über</strong>nehmen und<br />
in dorfgemäßer Größe und mit verträglicher Nutzung in den Dorfkernen fortführen will.<br />
Die Antworten der befragten Gemeindeverwaltungen und der Dorfbewohner zu den<br />
Auswirkungen der Dorferneuerungsförderung auf die Sicherung und Entwicklung der<br />
landwirtschaftlichen Betriebe war jedoch mehr als ernüchternd – lediglich 16 % der Kommunen<br />
und 9 % der befragten Bürger sahen hier positive Rückwirkungen.<br />
Noch bedrückender erscheint die Aussage von 87 % der niedersächsischen und 80 %<br />
der sachsen-anhaltinischen Kommunen, wonach der Rückzug der landwirtschaftlichen<br />
Betriebe „keinen besonderen Einfluss auf das soziokulturelle Dorfleben“ hatte.<br />
Andererseits wurde von den befragten Gemeinden aber auch die Bereitschaft bekundet,<br />
die Landwirte bei Produktionsalternativen und Marktnischen zu unterstützen. Das<br />
erscheint bei der ermittelten alternativen Angebotspalette in den Untersuchungsdörfern<br />
auch sinnvoll, denn<br />
● Übernachtungsangebote, Hofcafés und ein Katzenhotel halten bisher nur 6 Betriebe in<br />
den 32 untersuchten niedersächsischen Dörfern vor,<br />
●<br />
lediglich 3 Betriebe betreiben bisher biologischen Anbau und etwa 6 bis 8 Großbetriebe<br />
(darunter einer der größten Deutschlands) füllen <strong>über</strong> die Spezialisierung und<br />
Vermarktung im Spargel-, Gemüse- und Obstanbau oder mittels eine Straußenfarm,<br />
eine Heidschnuckenfarm und eine Landschafts-Pflegeunternehmen wichtige Produktnischen<br />
aus.<br />
Es bleibt die Frage, ob die drei grundsätzlichen Entwicklungsalternativen für landwirtschaftliche<br />
Betriebe – die Spezialisierung, die Betriebsaufstockung oder die ökologische<br />
oder touristische Produktionsausrichtung – noch an den Standort Dorf in Zukunft gebunden<br />
sind?<br />
Die existenzielle Sicherung der landwirtschaftenden Betriebe ist – in welcher Form<br />
auch immer – sowohl <strong>über</strong> die festgelegten Direktzahlungen in der ersten Säule der Agrarpolitik<br />
als auch in den beiden aktuellen Förderprogrammen, dem Agrarinvestitionsprogramm<br />
und den neuen ZILE-Richtlinien (seit Mai 2005) als grundsätzliches politisches<br />
Ziel erkennbar – allerdings mit nicht unerheblichen Auflagen.<br />
Das Überleben der bäuerlichen Familienbetriebe durch eine Standortbindung der Hofstellen<br />
an den gewachsenen Ortskern, dem sog. „Innenbereich“ des § 34 des Baugesetzbuches,<br />
rechtlich gesichert durch das Signum „Dorfgebiet“ in der Baunutzungsverordnung<br />
(BauNVO), erscheint kaum durch spezifische Fördertatbestände, Richtlinien oder Auflagen<br />
geschützt, wenn einmal vom Niedersächsischen Denkmalschutzgesetz abgesehen