Berichte über Landwirtschaft - BMELV
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Lebensraum Dorf – Methoden, Inhalte und Ergebnisse der Dorferneuerung<br />
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Diese positive Bewertung bezieht sich jedoch nur auf die Ortskerne, keineswegs auf<br />
die zahlreichen Neubaugebiete an den Ortsrändern und auf die Mehrzahl der Neubauten in<br />
den Baulücken, auf deren Gestaltung der DE-Plan kaum oder nur in bescheidenem Maße<br />
Einfluss nehmen konnte.<br />
Nur in wenigen Beispielen ist daher eine siedlungsgenetische, aus der <strong>über</strong>lieferten<br />
Siedlungsstruktur abgeleitete, Architektursprache in den Untersuchungsdörfern zu finden.<br />
Aus Sicht der befragten Gemeinden sind <strong>über</strong> ein Drittel (38 %) der Flächennutzungspläne<br />
<strong>über</strong>holt und die Dorferneuerungspläne sogar zur Hälfte korrekturbedürftig, weil sie<br />
mit den bauleitplanerischen Zielen nicht mehr deckungsgleich sind – wobei offen bleibt,<br />
ob sich die DE-Pläne den Bauleitplänen anpassen sollten oder umgekehrt.<br />
Unabhängig von der in den Regionalen Raumordnungsprogrammen allgemein geforderten<br />
„Vermeidung von Zersiedlungen und Flächenverbrauch“ sind trotz eines nachweislichen<br />
Rückgangs von Neuausweisungen von Bauland in Niedersachsen (Landestreuhandstelle<br />
Niedersachsen 2004) die Dichtewerte seit 1992 von 19 auf 15 Wohneinheiten (WE)<br />
pro Hektar gefallen, d. h. der Flächenverbrauch pro WE hat weiterhin zugenommen.<br />
Während 41 % der befragten niedersächsischen Kommunen weitere Baugebietsausweisungen<br />
beabsichtigten, wird ein solcher Wunsch von kommunaler Seite in Sachsen-<br />
Anhalt nicht geäußert.<br />
Die Chancen für eine in Zukunft qualitätvollere, z. B. siedlungsgenetische Bauleitplanung,<br />
werden von <strong>über</strong> 80 % der befragten niedersächsischen Gemeinden resignierend als<br />
„gering“ bzw. „nicht vorhanden“ eingeschätzt.<br />
Das verfügbare Angebot an innerdörflichen Ausbaumöglichkeiten <strong>über</strong> Baulücken und<br />
leer gefallene Altbausubstanz – beträgt, wie in niedersächsischen Fallstudien nachgewiesen<br />
wurde, durchschnittlich annähernd 10 % der vorhandenen WE. Allein die Baulücken<br />
erreichen einen Wert von ca. 20 % des ausgewiesenen Baulandes – ein Angebot, das seit<br />
Abschluss der Dorferneuerung weiterhin als praktisch ungenutztes Potenzial in den Dörfern<br />
verfügbar ist.<br />
Von den befragten Bewohnern wurden folgende Wünsche zur baulichen Entwicklung<br />
geäußert: 47% sprachen sich für neue Wohnbaugebiete, 28% für Gewerbe- und 22% für<br />
neue Freizeitgebiete aus. Diese Wünsche entsprechen jedoch kaum dem kommunalen Bedarf<br />
und wirken daher eher als wirklichkeitsfremde Reaktion auf die reale Situation in<br />
den Dörfern.<br />
Die zuständigen Ämter für Landentwicklung gehen von <strong>über</strong>wiegend positiven Auswirkungen<br />
der Dorferneuerung auf die siedlungsbauliche Gesamtentwicklung aus – was,<br />
wie ausgeführt, für die Ortskernlagen auch bestätigt werden kann.<br />
Aufschlussreich ist eine Reaktion der niedersächsischen Landesregierung auf die jährlich<br />
vom Niedersächsischen Heimatbund (NHB) herausgegebene kritische „Rote Mappe“,<br />
wo es in der Ausgabe von 2004 in der vom NHB angesprochenen Problematik zur „Zersiedlung<br />
im Umfeld in der Entgegnung der Landesregierung in der sog. Weißen Mappe<br />
u. a. heißt:<br />
„Das angesprochene Problem ist der Landesregierung bekannt. Ursachen sind der<br />
Strukturwandel in der <strong>Landwirtschaft</strong> einerseits und der Drang der Städter ins Dorf mit<br />
seiner vermeintlichen Idylle andererseits. Die staatlichen Behörden können die prognostizierten<br />
(negativen) Entwicklungen abfedern, nicht aber aufhalten oder umsteuern.<br />
Die Dorferneuerungsplanung kann auch die Grenzen des örtlichen Siedlungswachstums<br />
bzw. seine Richtung aufzeigen. Gleichwohl wird ein Strukturwandel des freien<br />
Marktes stattfinden.“<br />
Dem DE-Plan kommt als Steuerungsinstrument und als Ausgleich für eine fehlende<br />
kommunale Entwicklungsplanung, eine besondere Bedeutung zu, die weit <strong>über</strong> die Funktion<br />
eines „Fördermittelerfüllungsplanes“ hinausgeht.