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Berichte über Landwirtschaft - BMELV

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Lebensraum Dorf – Methoden, Inhalte und Ergebnisse der Dorferneuerung<br />

145<br />

Schwerpunktmäßig geht es um einen Klärungsversuch zukünftiger Standorte landwirtschaftlicher<br />

Betriebe bezogen auf deren Lage innerhalb der Ortskerne oder in der umgebenden<br />

Gemarkung. Damit wird die eingangs gestellte Frage nach der Standortsicherung<br />

landwirtschaftlicher Betriebe nochmals aufgenommen.<br />

Danach gehören die emittierende, durch Intensität, Art und Umfang gekennzeichnete<br />

Intensiv-Tierhaltung oder Landtechnik sowie geruchs- und lärmstörende Betriebe einfach<br />

nicht mehr in die Ortskernlagen. Diese sind als Lebens- und Wohnstandorte von Emissionen,<br />

störendem Durchgangsverkehr und von orts- und landschaftsfremden Architekturformen<br />

möglichst frei zu halten. Geeignete Standorte für emittierende Betriebe finden<br />

sich in den alten Bundesländern in der Nähe der bereist vorhandenen klassischen Aussiedlungen<br />

bzw. späteren Betriebszweigaussiedlungen und in den neuen Bundesländern dort,<br />

wo die ehemaligen LPG- / VEG – Komplexe noch auf ihre hoch- und siedlungsbauliche<br />

Sanierung warten.<br />

Die bereits 1978 gestellte Frage, ob das Dorf noch eine eigene Siedlungskategorie sei<br />

und ob es ausreiche, sich dabei allein auf die bauliche Struktur zu stützen oder ob nicht<br />

auch Sitte, Kultur, Verhaltensregeln und Werteordnung der Sozialstruktur einbezogen<br />

werden müssten, kann nach den Ergebnissen der Untersuchung nur mit „ja“ beantwortet<br />

werden.<br />

Das Land-(Dorf-)Leben hält eben auch heute noch ein Bewusstsein von einer qualitativ<br />

anderen Produktions- und Lebensform als die Stadt fest. Landleben liefert immer noch<br />

eine Utopie, die eine Ahnung von der Humanisierung der Natur und damit von einer Versöhnung<br />

von Stadt und Land vermitteln kann.<br />

Eine reine „Globalisierung“ und totale „Rationalisierung“ sind auch für das heutige<br />

Dorf weiterhin Entwicklungsvorgaben, die nicht seiner Entwicklung und kaum der Mentalität<br />

seiner Bewohner entsprechen.<br />

Der ländliche „Reserveraum“ wird auch in Zukunft ein durch regionale kulturelle und<br />

soziale Merkmale geprägter – zur Stadt als Markt kontrastierender – Lebens-, Freizeit-<br />

und Produktionsraum bleiben müssen.<br />

Wenn man ihm seine Identität und die bestehenden Wertevorstellungen und Produktionsbedingungen<br />

durch weitere Überfremdung nimmt, wird eine Kulturregion aufhören<br />

zu existieren, die durch ihre Leistungen, die Existenz von „Stadt“ und „Markt“ als den<br />

anderen Orten von Waren-, Kapital- und Informationsaustausch immer erst möglich gemacht<br />

hat.<br />

Dorf und Stadt sind schließlich die beiden Seiten einer Medaille, die für ein vielfältiges,<br />

unsere Kultur prägendes siedlungsstrukturelles und gesamtkulturelles Kontrastangebot<br />

stehen, in dem beide Standorte unterschiedliche Erfahrungen von Heimat vermitteln<br />

können.<br />

Zusammenfassung<br />

Aus dem historischen Standort Dorf ist nun endgültig die ländliche Siedlung geworden. Der Wechsel<br />

von einer ehemals sesshaften Produktions- zu einer nomadisierenden Konsumgesellschaft brachte<br />

auch den alten und neuen Dorfbewohnern eine Freiheitserfahrung, die natürlich nicht ohne Folgen<br />

für die Dörfer selbst bleiben konnte.<br />

Aber auch 20 Jahre Dorferneuerung haben in den ländlichen Regionen Spuren hinterlassen – sowohl<br />

im baulichen Umfeld des Dorfes als auch im Bewusstsein seiner Alt- und Neubewohner. Von<br />

den geschätzten 4200 dörflichen Siedlungen in Niedersachsen sind bereits 1900, also annähernd<br />

die Hälfte erneuert worden, zumindest in den Genuss einer ganzheitlichen Planung und Betreuung<br />

gekommen.<br />

Sichtbar wurde der hohe Komplexitätsgrad dörflicher Lebenswirklichkeiten, die in den vergangenen<br />

20 Jahren Dorferneuerungsförderung verstärkt dem Einfluss unterschiedlichster Rahmenbedingungen<br />

ausgesetzt waren.

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