Berichte über Landwirtschaft - BMELV
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Lebensraum Dorf – Methoden, Inhalte und Ergebnisse der Dorferneuerung<br />
127<br />
In 90 % der Fallstudiendörfer ist die Anzahl der Auspendler eindeutig größer als die<br />
der Einpendler. Die ausgewiesenen Gewerbeflächen werden, wenn <strong>über</strong>haupt, zunehmend<br />
durch Dienstleister mit erheblichem Flächenanspruch (Speditions-, Fahr- oder Busunternehmen)<br />
in Anspruch genommen. Die ursprüngliche kommunale Entscheidungspraxis für<br />
die kontinuierliche Ausweisung von mehr Wohnbau- und Gewerbegebieten als Vorraussetzung<br />
für Wachstum ist offensichtlich neuer Einsicht gewichen.<br />
Lediglich 13 % der untersuchten Gemeinden planen noch Gewerbegebietsausweisungen.<br />
Selbst optimal erschlossene und <strong>über</strong>regional angebotene dörfliche Gewerbegebiete<br />
mit geländeebenem, großzügigem Flächenangebot können so, trotz intensiver Werbung,<br />
Jahre ungenutzt bleiben. Allerdings liegen aus der Untersuchung Beispiele vor, die<br />
belegen, dass sich Geduld aller Beteiligten im ländlichen Raum auch heute noch auszahlt.<br />
So wird ein seit Jahren brach liegendes Gewerbegebiet in einem flurbereinigten und<br />
dorferneuerten Ort des Landkreises Nienburg ab 2007 zwei neue Unternehmen, die immerhin<br />
22 Arbeitsplätze schaffen, aufnehmen.<br />
Ein besonderes Problem geht dagegen von gewerblichen Monostrukturen aus. Durch<br />
Verkleinerung oder Verlagerung des Standortes kann – wie in einem Dorf im Südharz<br />
(Landkreis Osterode) geschehen– annähernd die gesamte arbeitende Bevölkerung vom<br />
plötzlichen Verlust des Arbeitsplatzes betroffen sein.<br />
6 Dorftourismus<br />
Ob „sanfter“ Dorftourismus als Gegenpol zu dem boomenden „harten“ Städtetourismus<br />
neue Aufgabenstellungen und damit Arbeitsplätze in den ländlichen Regionen zu schaffen<br />
vermag, hängt neben dem Angebot letztlich von den Wünschen und dem Freizeitverhalten<br />
der Gäste ab.<br />
Den hohen Erwartungen an die modische Wellness-, Sport- und Aktivurlaubsbranche<br />
wurde bereits ein Dämpfer versetzt. Eine Umfrage ergab: „Die Deutschen wollen sich im<br />
Urlaub nicht anstrengen“.<br />
Der zunehmende Fahrradtourismus erscheint dagegen als eine die Regel bestätigende<br />
besondere Ausnahme.<br />
Er gehört zu dem sich auch im ländlichen Raum ausbreitenden Formen des Event-, Aktiv-<br />
und Gruppentourismus mit mehrmaligem Urlaub, bei verkürzter Aufenthaltsdauer.<br />
Die Befragung unter den Kommunen zeigt, dass in 41 % der Dörfer touristische Aktivitäten<br />
unterschiedlicher Art und Intensität stattfinden. Die im Rahmen der Dorferneuerung<br />
intensiv geförderten Rad- und Wanderwege, Radlerunterkünfte und Reiterangebote<br />
gehören in letzter Zeit neben dem Bau von Hofcafés, Freilichtmuseen, „Kartoffelhotels“<br />
und soziokulturellen Einrichtungen zu den wichtigsten Beiträgen für eine touristische Entwicklung<br />
im ländlichen Raum.<br />
Aber reichen Einzelangebote und -einrichtungen als Grundlage für Arbeitsplatzentwicklung<br />
und langfristig ökonomische Wertschöpfung aus?<br />
Anhand von 14 gewichteten Eignungskriterien wurden sämtliche Fallstudiendörfer<br />
auf ihre Eignung für einen nachhaltigen dorfgemäßen sanften Tourismus <strong>über</strong>prüft (siehe<br />
Übersicht 1).<br />
Das Ergebnis war aufschlussreich. Neben einem bundesweit bekannten, durchgesetzten<br />
Fremdenverkehrsort, einem allseits bekannten Rundlingsdorf (Lübeln im Wendland),<br />
das bereits seit 1971 aus Mitteln aus der Städtebauförderung saniert werden konnte, wiesen<br />
noch 4 Dörfer eine „<strong>über</strong>durchschnittliche Eignung“ und 8 Dörfer eine „ausbaubare<br />
Eignung“ auf.