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Georg Britting Die Windhunde

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Kain<br />

Als Abel, der sanfte, süße, blonde und weißhäutige<br />

Abel ihn anschmachtete mit triefender Güte in<br />

den leicht vorquellenden Augen, als er ihm die<br />

kleinen, gepolsterten Hände entgegenhob und<br />

brüderliche Wange an seiner Schulter reiben wollte,<br />

wie er es immer tat, die rosige Wange, die sich<br />

anfühlte wie die dunstige Schnauze eines Kätzchens:<br />

ihn überschwemmte Haß von tausend<br />

Knabentagen, Widerwille von hundert gemeinsamen<br />

Mahlzeiten – und er schlug zu, er schlug gut<br />

zu, mit dem Ast, den er sich gebrochen hatte ihn<br />

zum Bogen zu spannen – und sah gelassen wie die<br />

hellblauen Kälbchenaugen verglasten. Schon<br />

brauste der Himmel schwarz. Wolken zerfielen zu<br />

Schluchten und ein grüner Mond erklirrte. Kain<br />

peitschte sich vorwärts. Er wölbte die Brust und<br />

hetzte in Sprüngen zum Wald. Der Blitz, den ihm<br />

der Herr nachwarf, streifte seine Ferse. Er sprang<br />

wie ein Hirsch durch das Gestrüpp, vergrub sich<br />

in eine Höhle, hungerte Tage. Er erwürgte Abel<br />

durch viele Träume. Und dehnte die breiten<br />

Schultern, befreit, wenn er mit den Füßen nach<br />

der Leiche stieß. Nie hatte ihm Abel unrecht getan.<br />

Er haßte ihn. Er zitterte, wenn Abel ein gutes<br />

Wort zu ihm sprach. Empörte sich, wenn der<br />

Bruder ihm Liebes erweisen wollte. Roch ihn wie<br />

Schleim, wenn er neben ihm schlief Er spürte<br />

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