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Georg Britting Die Windhunde

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Hiob<br />

Der dreckige alte Jude wühlte sich tiefer ins Stroh,<br />

das faulte und stank. Ein spitzer Halm bohrte sich<br />

zwischen Nagel und Fleisch der Zehe. Er stöhnte<br />

und mit den rissigen Händen erlöste er sich. Sein<br />

uraltes Gesicht war von langen Falten durchgraben.<br />

Er hob den Blick, schickte ihn über Hütte<br />

und den dürren Strauch zum hitzigblauen Himmel<br />

und begann tief zu schluchzen. Er spritzte<br />

seinen Jammer wie eine Fontäne trüben Wassers<br />

empor und ließ die Brühe rückplätschern über<br />

sich. Seine Augäpfel rollten, rund und bestürzt.<br />

Wieder ließ er vorbeidefilieren den wackelnden<br />

Trauermarsch, die langen Kolonnen von Mißgeschick,<br />

Leid, Unglück, Gemeinheit und Niederträchtigkeiten,<br />

die ihm geschehen waren. Er wußte<br />

die Reihenfolge und hielt sie genau ein. Er<br />

begann zu brüllen, als ihm das schlimmste nochmals<br />

geschah, ruderte mit den Armen und sank in<br />

Apathie zusammen. Das mistige Stroh stank. Sein<br />

Unglück betäubte ihn und er war jetzt wieder in<br />

dem Zustand, wo er in einem dämmernden Wohlgefallen<br />

an seinen Schmerzen litt. Der Wind knisterte<br />

im dornichten Strauch und der Weg über<br />

die sandige Höhe lief schnell und brennend ins<br />

Jenseitstal, aus dem der Rauch noch stieg. Hiob<br />

schlief ein. Sein Unterkiefer klappte auf und zerlöcherte<br />

Zähne klafften. <strong>Die</strong> Sonne, die wie ein<br />

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