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Empirischer Teil<br />
3.2.5 Rollen- und Identitätsfindung<br />
Unsere Annahme:<br />
60<br />
Um eine eigene Identität entwickeln zu können, müssen Kinder/Jugendliche<br />
sich mit dem eigenen Körper, der Sexualität, der Rolle als Frau oder Mann sowie<br />
eigenen Wert- und Moralvorstellungen auseinander setzen. Dazu benötigen<br />
sie die Auseinandersetzung mit ihren Eltern, deren Wertvorstellungen und Gren-<br />
zen, aber auch die bewusste Abgrenzung zu ihnen.<br />
Die Leitfrage an die Expertinnen/Experten:<br />
Nehmen Eltern mit leichter geistiger Behinderung diese Thematik bei ihren<br />
Kindern wahr und äussern sie sich in der Beratung dazu?<br />
Beobachtungen Beobachtungen der der Expertinnen Expertinnen und und und Experten<br />
Experten<br />
Grundsätzlich sehen alle befragten Fachpersonen der Beratungsstellen hier einen<br />
grossen Unterstützungsbedarf, weil die Eltern die Themen häufig nicht von sich aus<br />
benennen. Allerdings fordert die Thematik viele Menschen heraus, nicht nur Eltern mit<br />
leichter geistiger Behinderung.<br />
Die Eltern mit kognitiven Einschränkungen sind meistens sehr bestrebt, den gesell-<br />
schaftlichen Normen zu entsprechen, wobei es ihnen nicht immer gelingt, diese<br />
Normen und Werte, die an eine Mutter/einen Vater gestellt werden, richtig zu er-<br />
fassen.<br />
E 1: „Die Identität dieser Mutter entspricht dem Selbstbild, von dem die Mutter<br />
denkt, dass es dem gesellschaftlichen Durchschnitt entspricht. Die Einschrän-<br />
kung besteht darin, dass es zwischen den Wertvorstellungen der Gesellschaft<br />
und denen der Mutter Unterschiede gibt.“<br />
E 12: „Sie übernehmen Wertvorstellungen und können diese nicht hinterfragen<br />
– das ist, so denke ich, eine Realität.“<br />
E 15: „Ich habe manchmal das Gefühl, wir sind in einer Zeit, wo diese Menschen<br />
aufgrund der Überflutung von allen Seiten, wann jemand wie gut ist, gar<br />
nicht mehr auf ihre Erfahrungen vertrauen. Oder sie können diese nicht ein-<br />
fliessen lassen, weil sie von aussen aufnehmen, was man sollte, könnte, täte.“<br />
Zwei Berater/innen äussern, dass die Eltern Themen zur Rollen- und Identitätsfindung<br />
bei ihren Kindern nicht selber wahrnehmen und häufig in ihrer eigenen Identität verun-<br />
sichert sind. Auch wenn sie durch ihre Kinder/Jugendlichen mit Fragen konfrontiert<br />
werden, messen sie dieser Auseinandersetzung nicht eine hohe Wichtigkeit bei. Sie<br />
erkennen mögliche Probleme, die für Kinder und Jugendliche diesbezüglich entstehen<br />
könnten, eher nicht.