06.02.2013 Aufrufe

Landschaften in Deutschland 2030 Erlittener Wandel – gestalteter ...

Landschaften in Deutschland 2030 Erlittener Wandel – gestalteter ...

Landschaften in Deutschland 2030 Erlittener Wandel – gestalteter ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Landschaften</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> <strong>2030</strong>: <strong>Erlittener</strong> <strong>Wandel</strong> <strong>–</strong> <strong>gestalteter</strong> <strong>Wandel</strong><br />

Niemand will eigentlich e<strong>in</strong>e Kulturlandschaft erzeugen, <strong>in</strong> der die Monotonie der oft gigan‐<br />

tischen Maisschläge das Bild bestimmt und <strong>in</strong> der die Böden wissentlich zugrunde gerichtet<br />

werden <strong>–</strong> <strong>in</strong> Südoldenburg s<strong>in</strong>d die mittelfristigen Folgen schon zu besichtigen. Niemand<br />

stellt willentlich solche <strong>Landschaften</strong> als s<strong>in</strong>nlich erfahrbare Umwelt her, mit dem Ziel, sie so<br />

und nicht anders zu gestalten, als ob sie die erwünschte, zeitgemäße Kulturlandschaft bilde‐<br />

ten, und dennoch geschieht es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em rasant beschleunigten Takt und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em kaum mehr<br />

vorstellbaren Umfang. Der Grund dafür sche<strong>in</strong>t so e<strong>in</strong>fach wie unentr<strong>in</strong>nbar: Profit. Achsel‐<br />

zuckend konstatiert man: Wenn der Markt es so will, entstehen eben <strong>Landschaften</strong>, deren Er‐<br />

sche<strong>in</strong>ung und Naturverfassung wir nicht eigentlich beabsichtigt haben. Dass sie uns nicht<br />

gefallen und riskante Folgen für die ökologischen Zustände zeitigen, ist der Preis, den wir für<br />

den Beitrag zum Wirtschaftswachstum zu zahlen haben.<br />

Weltweit könnte man hunderte und tausende von Beispielen beibr<strong>in</strong>gen, <strong>in</strong> denen die land‐<br />

schaftlichen Veränderungen nach den gleichen Pr<strong>in</strong>zipien fabriziert werden, ob bei der Öl‐<br />

sandförderung <strong>in</strong> der kanadischen Tundra oder beim Sojaanbau <strong>in</strong> Südamerika, ob beim Ab‐<br />

holzen der alten Olivenha<strong>in</strong>e <strong>in</strong> den Mittelmeerländern und ihrem Ersatz durch<br />

Monokulturen mit Hybrid‐Bäumchen oder bei den Shrimps‐Zucht‐anlagen <strong>in</strong> südostasiati‐<br />

schen Flussmündungen.<br />

Überall werden <strong>Landschaften</strong> hergestellt, die so eigentlich niemand gewollt hat, sie s<strong>in</strong>d ge‐<br />

wissermaßen Abfallprodukt e<strong>in</strong>er Logik, die e<strong>in</strong>e technisch‐<strong>in</strong>dustrielle, von der Kapitalver‐<br />

wertung gesteuerte Zivilisation dem Globus diktiert.<br />

Aber schon das Beispiel der ausufernden, für die Wildschwe<strong>in</strong>e paradiesischen, im Jahres‐<br />

rhythmus hochschießenden Maisbewaldung gibt bei etwas näherer Betrachtung zu erkennen:<br />

So simpel ist der unbezweifelbare Tatbestand nicht zu erklären, dass wir, wie der Titel be‐<br />

hauptet, <strong>Landschaften</strong> machen, die wir eigentlich gar nicht wollen.<br />

Denn der sche<strong>in</strong>bar übermächtige Sachzwang zum Erzielen möglichst hoher Renditen gibt<br />

sich schnell als e<strong>in</strong> <strong>in</strong> diesem Fall nachrangiger Effekt zu erkennen, als marktkonforme Aus‐<br />

wirkung politischer Entscheidungen. Bei den Gründen für den Mais‐Boom haben wir es, jeder<br />

weiß das, mit der energiepolitischen Vorgabe zu tun, dass Ersatz vor allem für die fossilen<br />

Brennstoffe bereitgestellt werden soll. Die lautstark propagierte und mit dem Verweis auf<br />

Kyoto‐Protokoll, auslaufende Atomkraft‐Nutzung und Energie‐Szenarien staatlich verordnete<br />

‚Energiewende‘ schließt den zu steigernden Energie‐Beitrag der so genannten Nachwachsen‐<br />

den Rohstoffe e<strong>in</strong>; Mais für Biogas‐Anlagen stellt dabei e<strong>in</strong>e wichtige Komponente dar. Über<br />

Anreize durch Subventionen erfolgt e<strong>in</strong> politischer Impuls ‚<strong>in</strong> den Markt‘, der dann nach der<br />

ihm eigenen Logik letztlich auch die landschaftliche Verfassung bestimmt, die <strong>–</strong> wie gesagt <strong>–</strong><br />

nur Abfallprodukt ist, nicht zielgerichtet beabsichtigte Auswirkung e<strong>in</strong>er zeittypischen Ver‐<br />

schränkung von politischer und marktwirtschaftlicher Steuerung.<br />

In der politischen Willensbildung stand und steht dabei der Effekt, den bei der vorgeblich<br />

e<strong>in</strong>geleiteten ‚Energiewende‘ e<strong>in</strong> forcierter Mais‐Anbau für die Kulturlandschaften Mitteleu‐<br />

ropas hat, gar nicht zur Debatte. Erst nachträglich, als die Folgen für Landschaftsbild, ökolo‐<br />

gische System‐Balancen und Mikrobiologie der Böden schnell ‚unerwünschte‘ Dimensionen<br />

erreichten, f<strong>in</strong>g man an, über Steuerungs<strong>in</strong>strumente nachzudenken.<br />

Nebenbei gesagt, kommen die politische Hilflosigkeit oder auch der Zynismus h<strong>in</strong>sichtlich<br />

der nicht beabsichtigten Auswirkungen von Imperativen wie der ‚Energiewende‘ gelegentlich<br />

unverstellt zum Vorsche<strong>in</strong>. Michael Müller, <strong>in</strong> der Ära der ‚schwarz‐roten‘ Bundesregierung<br />

Staatssekretär im Umweltm<strong>in</strong>isterium, gab zu verstehen, dass dem M<strong>in</strong>ister sehr schnell klar<br />

gewesen sei, welchen energiepolitischen und ökologischen Irrs<strong>in</strong>n die Nutzung ‚nachwach‐<br />

sender Rohstoffe‘ für den Ersatz der fossilen Brennstoffe ergibt, von den Folgen für die Nah‐<br />

6

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!