07.02.2013 Aufrufe

Werkzeuge des Friedens und der Gerechtigkeit - OFM

Werkzeuge des Friedens und der Gerechtigkeit - OFM

Werkzeuge des Friedens und der Gerechtigkeit - OFM

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

■ Frauen <strong>und</strong> die Charismen von Franziskus <strong>und</strong> Klara<br />

Frauen antworteten auf sein Klopfen, wenn er in<br />

Assisi o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Dörfern bettelte? Wie viele<br />

Frauen standen in den Kathedralen o<strong>der</strong> auf den<br />

Piazzas vor ihm? Sprach er sie nie an? Gab es keine<br />

Gespräche mit H<strong>und</strong>erten von Frauen, die zu den<br />

frühen Schwestern <strong>der</strong> Buße wurden?<br />

Die Bedeutung von Klara <strong>und</strong><br />

Jakoba für Franziskus<br />

Was immer wir über diese weite Welt <strong>der</strong> Frauen<br />

erschließen, wir wissen, dass zwei Frauen eine zentrale<br />

Rolle <strong>der</strong> Beziehung zu <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>schaft mit<br />

Franziskus besaßen: Klara <strong>und</strong> Jakoba. Was lernen<br />

wir aus diesen Beziehungen, die eindeutig ein Leben<br />

lang dauerten? Vielleicht ist das bedeutendste<br />

Zeugnis <strong>der</strong> Beziehung zu Klara in <strong>der</strong> LEBENSFORM<br />

<strong>und</strong> dem VERMÄCHTNIS FÜR DIE HEILIGE KLARA<br />

enthalten. In diesen beiden kurzen Stellungnahmen<br />

bekräftigt Franziskus, dass er Klara als ihm gleichwertig<br />

in Berufung <strong>und</strong> Hingabe versteht. Er verfügt<br />

eine einzigartige Gleichheit in <strong>der</strong> Behandlung<br />

von Klara <strong>und</strong> ihren Schwestern <strong>und</strong> stellt die Sorge<br />

für sie auf die gleiche Ebene wie die Sorge um die<br />

Bru<strong>der</strong>schaft. Klara war sich <strong>der</strong> gewaltigen Kraft<br />

dieser Gegenseitigkeit <strong>und</strong> dieses Versprechens so<br />

bewusst, dass sie diese beiden Schriftstücke in die<br />

Mitte ihrer eigenen Regel aufnahm (Kapitel VI).<br />

Weil Jesus das Modell für alles war, das Franziskus<br />

lebte, fand er Hilfe in jenen Begegnungen, in denen<br />

Jesus im Umgang mit Frauen die Grenzen <strong>des</strong><br />

Herkömmlichen überschritt, <strong>und</strong> in gleicher Weise<br />

Richtlinien in jenen Passagen, die von Frauen<br />

erzählten, die Jesus nachfolgten <strong>und</strong> ihm dienten?<br />

Gaben diese Hinweise, dass Jesus bereit war, in seinem<br />

Dienst Missbilligung wegen seiner Beziehungen<br />

zu Frauen zu riskieren, Franziskus die Freiheit,<br />

die er benötigte, um auf die Weise zu glauben<br />

<strong>und</strong> sich zu verhalten, wie er es tat?<br />

Die Beziehung <strong>des</strong> Franziskus zu Frauen –<br />

das Positive <strong>und</strong> die Schwierigkeiten<br />

Die Biographien lassen uns auch erkennen, dass die<br />

Beziehung <strong>des</strong> Franziskus zu Frauen nicht immer<br />

ruhig, erfreulich <strong>und</strong> ungetrübt waren. Einige <strong>der</strong><br />

überlieferten Geschichten schil<strong>der</strong>n uns warme <strong>und</strong><br />

sympathische Begegnungen. Die LEGENDA PERU-<br />

SINA erzählt von einem Besuch in San Damiano zur<br />

Behandlung <strong>und</strong> seine Komposition <strong>des</strong> AUDITE,<br />

eine liebliche Unterweisung voll zärtlicher Sorge<br />

(LegPer 42-43). Die Fioretti bewahren die w<strong>und</strong>ervolle,<br />

Parabel-gleiche Geschichte <strong>des</strong> Mahles, das<br />

bei Portiunkula gefeiert wurde (Fior 15). Wir wissen<br />

um seine Besuche bei Jakoba in Rom aus seiner<br />

letzten Bitte an sie. Ein bemerkenswertes Zeugnis<br />

<strong>der</strong> Kraft dieser Beziehung ist festgehalten durch<br />

das Aufstellen ihrer sterblichen Gebeine direkt<br />

gegenüber seinem Grab in <strong>der</strong> Grabkapelle <strong>der</strong><br />

Basilika San Francesco.<br />

Wir dürfen jedoch nicht jene Geschichten übergehen,<br />

die uns ein an<strong>der</strong>es Bild zeichnen, einen<br />

Franziskus, <strong>der</strong> ängstlich, hartherzig <strong>und</strong> gefühllos<br />

gegenüber seinen Fre<strong>und</strong>innen erscheint. Wir erinnern<br />

an die Predigt, die er in San Damiano hielt,<br />

welche den Schwestern den Trost, den sie erwarteten,<br />

zu verweigern scheint, als er Asche über sich<br />

streut, das MISERERE betet <strong>und</strong> dann in Stille weggeht<br />

(2 Cel 207). Es gibt negative Aussagen über<br />

Frauen, die ihm zugesprochen werden, die deutlich<br />

die frauenfeindlichen Tendenzen <strong>der</strong> klerikalen<br />

Literatur jener Zeit wi<strong>der</strong>spiegeln (2 Cel 112). Wir<br />

wissen auch, dass die Bewahrung <strong>der</strong> Keuschheit für<br />

Franziskus ein Kampf war <strong>und</strong> dass sein Schwanken<br />

in seiner leidenschaftlichen Natur <strong>und</strong> ihrem sündigen<br />

Potential ihn heftig beschäftigte. Dieser innere<br />

Kampf dürfte Franziskus eine rosige Sicht <strong>der</strong> Beziehung<br />

zu Frauen unmöglich gemacht haben. Dass<br />

dies ihn nicht davon abhielt, Beziehungen von<br />

radikaler Gleichheit <strong>und</strong> zärtlicher Bew<strong>und</strong>erung<br />

zu unterhalten, ist seinerseits ein W<strong>und</strong>er <strong>der</strong> Gnade<br />

<strong>des</strong> Evangeliums.<br />

Wir können daher bekräftigen, dass Franziskus<br />

ein außerordentlicher Mensch war, <strong>der</strong> nicht völlig<br />

frei war von <strong>der</strong> frauenfeindlichen Propaganda <strong>der</strong><br />

Kirche seiner Zeit <strong>und</strong> einer allgemein negativen<br />

Sicht <strong>der</strong> menschlichen Natur – beson<strong>der</strong>s ihrer<br />

sexuellen Dimension –, einem beherrschenden Zug<br />

<strong>der</strong> christlichen Lehre <strong>und</strong> <strong>des</strong> Vorurteils von <strong>der</strong><br />

Zeit <strong>des</strong> Augustinus bis ins Mittelalter. Franziskus<br />

schuf eine Lebensform, die den Zölibat erfor<strong>der</strong>te,<br />

aber auf den Schutz <strong>der</strong> klösterlichen Klausur<br />

verzichtete. Sein zunehmen<strong>der</strong> Kummer über das<br />

123

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!