Werkzeuge des Friedens und der Gerechtigkeit - OFM
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■ Ökumenischer, interreligiöser <strong>und</strong> interkultureller Dialog<br />
Beispiele aus dem Leben <strong>der</strong> Brü<strong>der</strong> …<br />
In <strong>der</strong> heutigen, multikulturellen Welt ist <strong>der</strong> Dialog<br />
zwischen verschiedenen Glaubensrichtungen<br />
ein wesentlicher Schlüssel zum Frieden. Wenige<br />
Menschen verstehen dies besser als FRANÇOIS<br />
PAQUETTE, <strong>der</strong> ehemalige Vorsitzende <strong>der</strong> franziskanischen<br />
Kommission für Beziehungen zu den Muslimen.<br />
Als Neuropsychologe in Montreal, Kanada,<br />
ausgebildet, hatte er, in dem Ges<strong>und</strong>heitszentrum,<br />
in dem er arbeitete, bevor er 1987 in den Orden<br />
eintrat, zunehmend mit Patienten aus Sri Lanka,<br />
Indien, China <strong>und</strong> Vietnam zu tun. Er war<br />
fasziniert von den unterschiedlichen Kulturen <strong>und</strong><br />
Religionen, die schnell zu einem festen Bestandteil<br />
seiner Heimatstadt wurden. Aus Neugierde begann<br />
er, als Freiwilliger in einem lokalen, interkulturellen<br />
Zentrum auszuhelfen.<br />
Doch erst während seines Noviziates entdeckte<br />
Paquette wirklich die Kraft solcher interreligiöser<br />
Aktivitäten. Ein Bru<strong>der</strong> plante ein lokales Treffen,<br />
um den Geist <strong>des</strong> <strong>Friedens</strong>gebetes in Assisi von<br />
1986 zu reflektieren, <strong>und</strong> Paquette half ihm. Mit<br />
einem Lächeln erinnert er sich: „Für mich war es<br />
eine Art W<strong>und</strong>er, ich war überwältigt, die Führer<br />
<strong>der</strong> verschiedenen Religionen in Montreal kommen<br />
zu sehen, um für Frieden zu beten, anstatt einan<strong>der</strong><br />
zu bekämpfen.“ Paquettes Augen leuchten, wenn er<br />
erklärt, wie die jährliche Initiative unter seiner<br />
Beteiligung weiter gewachsen ist. „Jetzt haben wir<br />
ungefähr h<strong>und</strong>ert verschiedene Delegationen von<br />
indigenen Völkern, von Bahais, Hindus aus Sri Lanka,<br />
vietnamesischen, tibetanischen, laotischen <strong>und</strong><br />
kambodschanischen Buddhisten, zwei Gruppen von<br />
Juden, schiitischen <strong>und</strong> sunnitischen Moslems, von<br />
Sikhs <strong>und</strong> Christen aus sechzehn verschiedenen<br />
Konfessionen – zusammen ungefähr tausend Personen,<br />
die in unseren Konvent in Montreal kommen,<br />
um für Frieden zu beten! Die Umstände sind sehr<br />
einfach, ein schlichtes Kreuz, auf das wir die Fahnen<br />
<strong>der</strong> verschiedenen teilnehmenden Religionen legen<br />
<strong>und</strong> ein großes Bild einer Taube als <strong>Friedens</strong>symbol.<br />
Wir wollen, dass sich alle wohl fühlen, <strong>und</strong> anschließend<br />
sind alle eingeladen, ein vegetarisches<br />
Mahl zu teilen.“ Dieses jährliche Treffen, das von<br />
Radio <strong>und</strong> Fernsehen live übertragen wird, ist <strong>der</strong><br />
sichtbarste Höhepunkt franziskanischer Aktivitäten<br />
in Montreal. Doch auch das Jahr über sind Paquette<br />
<strong>und</strong> seine Mitbrü<strong>der</strong> an allen Arten praktischer<br />
Aktionen beteiligt, um Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> vielen in <strong>der</strong><br />
Stadt anwesenden an<strong>der</strong>en Glaubensrichtungen zu<br />
unterstützen. Dazu gehört, für den Bau einer vietnamesischen<br />
Pagode um Land zu bitten, gegen eine<br />
Gruppe von Skinheads zu protestieren, die jüdische<br />
Gräber beschmieren, ein islamisch-christliches<br />
Begräbnis zu organisieren, o<strong>der</strong> einzugreifen, um<br />
Gewalttätigkeiten zwischen Sikhs <strong>und</strong> Muslimen an<br />
einer örtlichen Sek<strong>und</strong>arschule aufzulösen. Paquette<br />
sagt: „Dieses letzte Beispiel zeigt wirklich, wie wir<br />
eine Unterscheidung machen können für die<br />
Zukunft unserer Gesellschaft. Durch die Zusammenarbeit<br />
mit einem Führer <strong>der</strong> Sikhs <strong>und</strong> einem<br />
Imam konnten wir den Kin<strong>der</strong>n die vielen Aspekte<br />
ihrer Kulturen aufzeigen, die sie mit Menschen<br />
an<strong>der</strong>en Glaubens gemeinsam haben. Wenn sie<br />
anfangen, einan<strong>der</strong> eher als tatsächliche Menschen<br />
denn als Teil einer festgelegten Gruppe zu sehen,<br />
dann können sie die Vorurteile hinter sich lassen,<br />
die ihnen beigebracht wurden, <strong>und</strong> sogar beginnen,<br />
die Verhaltensweisen ihrer eigenen Eltern herauszufor<strong>der</strong>n.“<br />
Es gibt viele Beispiele von Franziskanern, die Dialog<br />
<strong>und</strong> Frieden unter jungen Menschen för<strong>der</strong>n,<br />
manchmal durch Erziehungsprogramme, zumeist<br />
aber einfach dadurch, dass sie Familien verschiedener<br />
ethnischer Gruppen in täglichen Kontakt miteinan<strong>der</strong><br />
bringen. Ein interreligiöser Kin<strong>der</strong>garten<br />
in Bosnien o<strong>der</strong> eine Schule für Moslems <strong>und</strong> Christen<br />
im Südlibanon helfen Kin<strong>der</strong>n in diesen aufgewühlten<br />
Teilen <strong>der</strong> Welt, mit einer größeren Achtung<br />
vor den Gewohnheiten <strong>und</strong> Überlieferungen<br />
von Menschen an<strong>der</strong>en Glaubens groß zu werden.<br />
Ein jährliches interreligiöses Medien- <strong>und</strong> Filmfestival<br />
in Kairo beeinflusst Tausende von jungen Menschen<br />
<strong>und</strong> hilft ihnen, Vorurteile <strong>der</strong> Vergangenheit<br />
zu überwinden. Das Ziel <strong>der</strong> Franziskaner besteht<br />
nicht darin, als „Organisatoren“ dieser Ereignisse<br />
o<strong>der</strong> Aktivitäten angesehen zu werden, son<strong>der</strong>n vielmehr<br />
diejenigen zu sein, die diesen „Dialog <strong>des</strong> täglichen<br />
Lebens“ erleichtern.<br />
In Marokko, wo die Bevölkerung überwiegend<br />
muslimisch ist, sind sich die Brü<strong>der</strong> dieser Weise <strong>des</strong><br />
Zeugnisses voll bewusst, das ihre fortwährende Präsenz<br />
darstellt. BERTRAND COUTURIER hat die Hälfte<br />
seines Lebens unter den Menschen in Marokko verbracht<br />
<strong>und</strong> viele junge Muslime aufwachsen sehen,<br />
die eine Arbeit gef<strong>und</strong>en haben, nachdem sie von<br />
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