07.02.2013 Aufrufe

Werkzeuge des Friedens und der Gerechtigkeit - OFM

Werkzeuge des Friedens und der Gerechtigkeit - OFM

Werkzeuge des Friedens und der Gerechtigkeit - OFM

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

■ Leben<br />

Perfektionismus<br />

Diese Sicht <strong>des</strong> Lebens legt großes Gewicht auf den<br />

Wert <strong>des</strong> Lebens, insofern es keine Hin<strong>der</strong>nisse <strong>und</strong><br />

Rückschläge für Erfolg, Popularität <strong>und</strong> Autonomie<br />

hat. Konfrontiert mit den Unvollkommenheiten<br />

<strong>der</strong> menschlichen Existenz kann diese Weltsicht<br />

nicht mehr die gr<strong>und</strong>legende Güte <strong>und</strong> Würde <strong>der</strong><br />

geschaffenen Ordnung akzeptieren. So werden<br />

Schwäche <strong>und</strong> Krankheit angesehen, als würden sie<br />

Menschen ihrer Würde berauben, ihre Rolle im<br />

sozialen Leben an den Rand drängen, sie unserer<br />

Aufmerksamkeit <strong>und</strong> Bedeutung unwürdig machen.<br />

Die Behandlung eines Kranken, beson<strong>der</strong>s eines<br />

Sterbenden, spiegelt oft das Unbehagen wi<strong>der</strong>, das<br />

Menschen spüren, wenn sie mit dem Schwinden<br />

von Kraft <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit konfrontiert sind. Bewegungen<br />

in vielen Gesellschaften für einen vom Arzt<br />

begleiteten Suizid o<strong>der</strong> für eine Gesetzgebung <strong>des</strong><br />

Rechts auf den eigenen Tod können ein Spiegelbild<br />

<strong>der</strong> Unfähigkeit sein, ein Leben zu unterstützen, das<br />

es trotz Schmerz <strong>und</strong> Leid wert ist, gelebt zu werden.<br />

Im Bewusstsein mancher Menschen ist Leben<br />

nur dann lebenswert, wenn eine(r) die Kontrolle<br />

über ihren (seinen) Körper hat <strong>und</strong> keine physischen<br />

Begrenzungen erfährt.<br />

Die Bedeutung <strong>des</strong> Ansehens führt in mo<strong>der</strong>nen<br />

Kulturen oft zu übertriebenen Ausgaben <strong>und</strong><br />

Anstrengungen, um physische Schönheit zu erreichen<br />

<strong>und</strong> zu erhalten. Wir verbannen jene, die<br />

beeinträchtigt <strong>und</strong> nicht ansprechend sind, an die<br />

Rän<strong>der</strong> unseres Lebens; es kann viel leichter sein,<br />

Menschen behilflich zu sein, die dem kulturellen<br />

Standard von Schönheit <strong>und</strong> Attraktivität entsprechen.<br />

Oft sind junge Menschen vom Traum gefangen,<br />

zeitlose Schönheit erreichen zu können, <strong>und</strong><br />

tendieren dazu, an<strong>der</strong>e (vor allem <strong>der</strong> gleichen<br />

Gruppe) allein auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage <strong>des</strong> physischen<br />

Aussehens zu bewerten. Hinsichtlich <strong>der</strong> Natur<br />

besteht die Versuchung einer „Disney-fikation“ <strong>der</strong><br />

Umwelt. Diese besteht in dem hartnäckigen Drang,<br />

die Natur „nett“ zu machen, indem man sie von<br />

allem befreit, was für einen urbanen Touristen nicht<br />

harmonisch, gefällig <strong>und</strong> bequem ist. Viele arme<br />

Nationen versuchen, ausländischen Besuchern zu<br />

gefallen, indem sie Elemente ihrer natürlichen<br />

Umwelt entfernen o<strong>der</strong> umgestalten, die Außenstehende<br />

nicht anziehen. Insekten, wilde Tiere,<br />

steile Hügel <strong>und</strong> Berge, wechselnde Küstenverläufe,<br />

einheimisches Brauchtum <strong>und</strong> ebensolche Ernährungsweise<br />

kann alles dem Ziel einer vom Menschen<br />

auferlegten Homogenität geopfert werden,<br />

die Erholung suchenden Reisenden vertraut <strong>und</strong><br />

bequem ist.<br />

Ein moralischer Perfektionismus kann uns davon<br />

abhalten, jene zu achten <strong>und</strong> zu lieben, die Süchten<br />

verfallen sind, einen problematischen Lebensstil<br />

angenommen o<strong>der</strong> schlimme Taten vollbracht<br />

haben. Es ist leicht, Beurteilung von Verhalten in<br />

Verurteilung von Personen zu verwandeln. Solche<br />

Verurteilungen können dann dahingehend ausgedehnt<br />

werden, Verurteilten die Rechte abzusprechen,<br />

z.B. durch ungerechte Verhaftung, Unterdrückung<br />

<strong>und</strong> Ausgrenzung, Folter <strong>und</strong> To<strong>des</strong>strafe.<br />

In all unserem Umgang mit Personen, selbst mit<br />

denen, die nicht bereit sind, Umkehr zu suchen,<br />

müssen wir die Maxime beherzigen, die Sünde zu<br />

hassen, aber niemals den Sün<strong>der</strong>.<br />

Franziskaner, die sich ihrer eigenen Gebrechlichkeit<br />

<strong>und</strong> Schwäche bewusst sind <strong>und</strong> dennoch wissen,<br />

dass sie von Gott geliebt sind, müssen bereit sein,<br />

ihre Liebe auf alles Leben auszudehnen, auch wenn<br />

es ihnen in solchen Formen begegnet, die die unerfüllte<br />

Verheißung <strong>und</strong> Hoffnung darstellen, die<br />

Gott erst in Zukunft zur Vollendung zu bringen<br />

verspricht.<br />

Rationales Nutzendenken<br />

In einer Zeit außerordentlicher, wissenschaftlicher<br />

Leistungen, in <strong>der</strong> W<strong>und</strong>erwerke <strong>der</strong> Technik auf<br />

den verschiedensten Fel<strong>der</strong>n vollbracht wurden,<br />

besteht das Risiko, dass eine Denkweise, die für eine<br />

Dimension <strong>des</strong> Lebens angemessen war, auf an<strong>der</strong>e<br />

Fel<strong>der</strong> ausgedehnt wird, für die sie weniger geeignet<br />

ist. Es gibt einen legitimen Sinn, in dem Elemente<br />

<strong>der</strong> geschaffenen Ordnung als Mittel verwendet<br />

werden, um ein höheres Gut zu erreichen. Aber<br />

wenn wir an<strong>der</strong>es nur aus <strong>der</strong> Perspektive betrachten,<br />

wie es unseren Zwecken dienlich ist, dann können<br />

wir Reichtum <strong>und</strong> Schönheit <strong>der</strong> Menschen<br />

<strong>und</strong> Dinge in sich selbst nicht begreifen.<br />

Eine beständige Gefahr im moralischen Leben liegt<br />

darin, dass wir uns selbst in die Mitte <strong>der</strong> Existenz<br />

97

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!