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Werkzeuge des Friedens und der Gerechtigkeit - OFM

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■ Option für die Armen<br />

Option für die Armen<br />

§ 1 Franziskus wurde vom Herrn unter die Aussätzigen<br />

geführt; wie er sollen die Brü<strong>der</strong> zusammen<br />

<strong>und</strong> einzeln die Option für die an den Rand<br />

Gedrängten leben, für die Armen <strong>und</strong> Unterdrückten,<br />

Entwürdigten <strong>und</strong> Kranken, in Freude<br />

unter ihnen leben <strong>und</strong> ihnen Barmherzigkeit<br />

erweisen.<br />

§ 2 In brü<strong>der</strong>licher Gemeinschaft mit allen kleinen<br />

Leuten <strong>der</strong> Erde <strong>und</strong> mit Blick auf die heutigen<br />

Folgen <strong>der</strong> Armutssituation sollen die Brü<strong>der</strong><br />

daran arbeiten, dass die Armen selbst sich ihrer<br />

eigenen menschlichen Würde voll bewusst werden,<br />

sie hüten <strong>und</strong> mehren.<br />

<strong>OFM</strong> Generalkonstitutionen, Artikel 97<br />

Aus dem Leben <strong>des</strong> Franziskus ...<br />

Seine Umarmung <strong>des</strong> Aussätzigen, <strong>der</strong> ausgegrenzten<br />

Person schlechthin in <strong>der</strong> mittelalterlichen<br />

Gesellschaft, war für Franziskus <strong>der</strong> Augenblick<br />

seiner Bekehrung (Test). Nach dieser Erfahrung verließ<br />

Franziskus die Welt, um unter den Aussätzigen<br />

zu leben, <strong>und</strong>, was ihm zuvor bitter gewesen war,<br />

wurde ihm nun süß <strong>und</strong> leicht (Test). Seine Identifizierung<br />

mit den Aussätzigen war mehr als Mitleid<br />

o<strong>der</strong> sozialer Protest. Der Aussätzige half Franziskus,<br />

seinen Platz im Leben, seinen Platz vor Gott zu<br />

verstehen. Er erkannte sich als Armer, wie jede Person<br />

nackt geboren wird <strong>und</strong> nackt stirbt, sine proprio<br />

(ohne Eigenes) vor Gott. Die Brü<strong>der</strong> seiner<br />

Gemeinschaft sollten als Min<strong>der</strong>e bekannt werden,<br />

Männer, die lebten, ohne sich irgendetwas anzueignen.<br />

Tatsächlich entschied sich Franziskus, mit<br />

den Armen, als einer von ihnen, durch das Leben<br />

zu gehen. Er begleitete sie <strong>und</strong> all jene, die ihre<br />

Identität als völlig von Gott abhängig begreifen<br />

konnten. Keiner sollte über einen an<strong>der</strong>en<br />

herrschen.<br />

Das Bedauern, einen Bettler abgewiesen zu haben,<br />

während er im Geschäft seines Vaters arbeitete,<br />

brachte Franziskus zu dem Entschluss, „für einen<br />

so großen Herrn Gefor<strong>der</strong>tes künftig nicht mehr<br />

abzuschlagen“ (DreiGef 3). Franziskus hatte eine<br />

tiefe Liebe <strong>und</strong> Achtung vor den Armen <strong>und</strong> sah in<br />

ihnen das Bild Christi, den „Sohn <strong>der</strong> armen Herrin“<br />

(2 Cel 83). Als ein Bru<strong>der</strong> einen Armen barsch<br />

anfuhr, sagte Franziskus zu dem Bru<strong>der</strong>: „Wer einen<br />

Armen schmäht, beleidigt Christus, <strong>des</strong>sen edles<br />

Abzeichen jener trägt; denn er hat sich um unseretwillen<br />

arm gemacht in dieser Welt“ (1 Cel 76).<br />

Wenn er jemanden in Not sah, wurde er betrübt;<br />

in Zeiten großer Kälte erbat er einen Mantel von<br />

Reichen, um ihn an einen Armen weiterzugeben.<br />

Franziskus lud einen Armen ein, ihn zu segnen,<br />

sooft sein Vater ihn mit Verwünschungen überhäufte<br />

(2 Cel 12). Wenn Franziskus materiell nicht<br />

helfen konnte, „schenkte er seine Liebe“ <strong>und</strong><br />

bekräftigte, dass die Armen ein Anrecht auf Almosen<br />

besäßen (LegMai VIII,5). Franziskus bat die<br />

Reichen, die Armen <strong>und</strong> Hungrigen an Weihnachten<br />

zu speisen (2 Cel 200). Franziskus tadelte einen<br />

Bru<strong>der</strong>, <strong>der</strong> lieblos zu einem Armen gesprochen<br />

hatte; <strong>der</strong> Poverello sagte, dass Armut <strong>und</strong> Krankheit<br />

eines Menschen „ein Spiegel sind, in dem wir<br />

die Armut <strong>und</strong> die Schwäche unseres Herrn Jesus<br />

Christus liebend betrachten sollten, die er in seinem<br />

Leib erlitten hat, um die Menschheit zu erlösen“<br />

(LegPer 89).<br />

Die Liebe <strong>des</strong> Franziskus zu den Armen bedeutete<br />

nicht, dass er die Reichen verachtete. Tatsächlich<br />

warnte Franziskus die Brü<strong>der</strong> davor, jene „nicht zu<br />

verachten, noch zu verurteilen, die sie weiche <strong>und</strong><br />

farbenfrohe Klei<strong>der</strong> tragen <strong>und</strong> sich auserlesener<br />

Speisen <strong>und</strong> Getränke bedienen sehen“ (BReg<br />

2,17). Alle Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Bru<strong>der</strong>schaft sind gleich,<br />

ungeachtet aus welcher sozialen o<strong>der</strong> ökonomischen<br />

Schicht sie kommen; keiner sollte innerhalb <strong>der</strong><br />

Bru<strong>der</strong>schaft an einem Amt kleben (LegPer 83). Er<br />

bezeichnete sie als „Orden <strong>der</strong> Min<strong>der</strong>en Brü<strong>der</strong>“ –<br />

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