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ZWISCHEN PHILOSOPHIE UND SPIRITISMUS

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106 | GRENZEN POPULÄRER WISSENSVERMITTLUNG<br />

Dementi bei der Kommission von Mailand abzugeben. Ich habe all das gesehen, was Sie gesehen haben;<br />

aber meine Schlussfolgerung ist etwas abweichend; denn ich glaube, man müsste zehnmal mehr gesehen<br />

haben, um die Behauptung wagen zu können, dass sich eine Hand materialisiere!!! – was so monströs ist,<br />

dass man sich weigert, daran zu glauben. Veröffentlichen Sie, wenn es Ihnen angemessen erscheint, diesen<br />

Brief und den anderen. Aber das hat kein großes Interesse; denn eine unsichere Meinung verdient nicht,<br />

dass man sich für sie interessiere.<br />

Mit den besten Grüßen<br />

Charles Richet<br />

(5. XII. 92)<br />

Paris“ 428<br />

Man kann in dieser Haltung, stellt man sie einmal als konträres wissenschaftliches Beispiel dem du Prels gegenüber,<br />

sehr deutlich erkennen, worin der wesentliche Unterschied für die beiden Wissenschaftler zu liegen schien. Für<br />

Richet ereignete sich bei der Sitzung ein höchst beachtenswertes, doch aber so ungeheuerliches Phänomen, dass<br />

er nicht zu kommentieren gewillt war, weil er es sich nicht erklären konnte. Tatsache dabei ist allerdings, dass es<br />

ihm auch nicht so viel bedeutete, dass er daraus sofort einen Schluss ziehen musste, Richet war in erster Linie ein<br />

bedeutender Arzt und sein Wirken war in erster Linie auf dieses Gebiet bezogen.<br />

Du Prel hingegen, arbeitete sein halbes Leben daran, seinen Platz in der Wissenschaft zu finden, zu verteidigen und<br />

die sich gewünschte Anerkennung für seine Arbeit zu bekommen. Er hatte eine philosophische Theorie entwickelt,<br />

die er als Weltanschauung ansah und mit der er eine bestimmte Art von Phänomenen zu erklären suchte, nun sah<br />

er sich durch das oben genannte Experiment mit Paladino<br />

in die Lage versetzt, seine Theorie bestätigt zu sehen und doch ging keiner mit seinen Ideen mit. Die Notwendigkeit,<br />

daher Verbündete zu finden, die der gleichen festen Überzeugung für die Richtigkeit des Gesehenen waren,<br />

wie er, war in seiner Situation um ein Vielfaches höher, als für die meisten anderen Beteiligten, deren eigentlicher<br />

Fokus im Leben auf etwas für sie viel Wesentlicheres gerichtet war. Für du Prel gab es aber neben dem Spiritismus<br />

nichts Entsprechendes, was sein Leben ausgemacht hatte.<br />

Neben den Grenzen, die sich zu anderen Wissenschaftlern zum einen wegen seiner abseitigen, nicht-universitären<br />

Laufbahn, zum anderen, auf Seiten der anderen okkultistischen Forscher, wegen seiner zu unkritischen Methode<br />

auftaten, gab es noch eine Reihe von anderen Gründen, die du Prel in seine Grenzen verwiesen.<br />

Der Spiritismus war für ihn weitaus weniger eine Glaubenslehre, wie er es für andere war, als vielmehr eine Weltanschauung,<br />

die auf sich Beweise stützen lasse429 - darin unterschied sie sich von der Theosophie. Du Prel sah das Experiment<br />

als das entscheidende Medium an, um die Menschen davon zu überzeugen, dass der Spiritismus eine reale<br />

Erscheinung war, der die Welt in ihrem Fortgang beeinflusste. Nicht die Berichte über Phänomene oder Erlebtes<br />

428 Charles Richet in seinem auf Französisch geschriebenen Brief vom 5.12.1892 an Carl du Prel. Es existiert nur einen Abschrift<br />

von Carl du Prel, die er in einem undatierten Brief an Alexander Aksakow nach St. Petersburg sandte. Diese befindet sich als<br />

Kopie im Anhang. Aus dem Französischen übersetzt von Dr. Hubertus Eckert.<br />

429 Vgl. Linse, Ulrich. Das Buch der Wunder und Geheimwissenschaften Der spiritistische Verlag Oswald Mutze in Leipzig im Rahmen<br />

der spiritistischen Bewegung Sachsens, in: Lehmstedt, Mark u. Andreas Herzog (Hg.): Das bewegte Buch Buchwesen und soziale,<br />

nationale und kulturelle Bewegungen um 1900 [Leipziger Arbeitskreis zur Geschichte des Buchwesens Bd. 12], Harrassowitz,<br />

Wiesbaden 1999: S. 221..

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