ZWISCHEN PHILOSOPHIE UND SPIRITISMUS
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94 | CARL DU PRELS STRATEGIEN DER VERBREITUNG - MÖGLICHKEIT <strong>UND</strong> ERFOLGE<br />
9. Fotografien<br />
Die Fotografie war zum Ende des 19.Jahrhunderts noch immer eine relativ junge technische Neuerung. Sie wurde<br />
in unterschiedlichen Wissenschaften begeistert aufgegriffen und als methodisches Instrument eingesetzt. Als der<br />
Fotografie damals noch eine vollkommene Objektivität zugeschrieben wurde, galt sie auch innerhalb der spiritistischen<br />
Kreise als ein absolut geeignetes ‘Medium’, gewisse Phänomene und eintretende Erscheinungen - z.B.<br />
Levitationen 372 , Materialisationen 373 - zu belegen. 374 Außerdem sah man in ihnen ein geeignetes ‘Medium’ für jene,<br />
die nicht an Versuchsreihen teilnehmen konnten, mit den dabei eingetretenen Erscheinungen nicht nur mündlich,<br />
sondern eben auch visuell überzeugen zu können. Besonders für Vorträge, auf denen man nicht direkt mit einem<br />
‚Medium’ arbeiten konnte, eigneten sich Fotografien ganz besonders. So beabsichtigte auch du Prel mit dieser als<br />
wissenschaftlich verstandenen spiritistischen Fotografie übersinnliche und paranormale Phänomene festzuhalten.<br />
Der Fotoapparat sollte vorrangiges Hilfsmittel des menschlichen Auges werden. Die Bestimmung der Grenzen, wie<br />
die der Möglichkeiten der Fotografie, mussten tatsächlich erst noch erkundet werden. 375 Aber noch wurden Fotografien<br />
wie Trophäen behandelt und gehandelt. Alexander Aksakow wurde für Carl du Prel eine der wichtigsten<br />
Bezugsquellen von z.B. „transzendentaler Fotografien“ 376 . Auch Albert von Schrenck-Notzing, der sich als Schüler du<br />
Prels ansah und ebenfalls Gründungsmitglied der Psychologischen Gesellschaft war, versuchte mit Hilfe von fotografischen<br />
Apparaten die Realität von sichtbaren und unsichtbaren Phänomenen zu festzuhalten 377 .<br />
„Dazu umstellte er zeitweise die zu untersuchenden Medien mit bis zu zehn Kameras, die, verbunden mit<br />
einer Magnesiumblitzanlage, auf dem entscheidenden Höhepunkt der mediumistischen Erscheinung<br />
gemeinsam ausgelöst werden konnten. Stereoskopische Kameras sollten Aufklärung über die Plastizität<br />
der Materialisationen liefern (einige erinnerten auffällig an Zeitungsausschnitte), Aufnahmen inner- und<br />
oberhalb des umstrittenen Dunkelkabinetts sollten Heimlichkeiten der Medien verringern helfen, und vor<br />
allem der Öffentlichkeit sollte ein wirkliches Bild der mediumistischen Phänomene vermittelt werden.“ 378<br />
Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist es aber leider unklar, wie viele und welche Experimente du Prel tatsächlich<br />
372 „Levitation, von lat. Leivtas = Leichtigkeit; subjektiv erlebbare Aufhebung der Körperschwere und Schweben des Körpers im<br />
Raum ohne fremde Hilfsmittel; kommt im Traum vor, soll aber auch in hochsomnambulen Zuständen beobachtet worden<br />
sein.“ Aus: Horst E. Miers: Lexikon des Geheimwissens, 1986: S. 255..<br />
373 „Materialisation, von (lat.) materia = Stoff; im allgemeinen (d.h. materialistischen) Spiritismus die Bez. für das objektive<br />
Erscheinen sog. Geister der Toten, welche sich zuweilen in Materie kleiden; sie bilden sich aus den in der Atmosphäre und den<br />
Emanationen der Anwesenden zur Verfügung stehenden Materialien („Ektoplasma“) zu einem vorübergehenden Körper, der<br />
das menschliche Bild des Verstorbenen trägt, als er noch lebte.“ Aus: Miers 1986: S. 271.<br />
374 Siehe hierzu: Rolf H. Krauss: Jenseits von Licht und Schatten: die Rolle der Photographie bei bestimmten paranormalen<br />
Phänomenen Ein historischer Abriss, Jonas, Marburg 1992; Im Reich der Phantome Fotografie des Unsichtbaren, Konzept und<br />
Realisation von Veit Loers und Andreas Fischer, Cantz, Ostfildern-Ruit1997; S. Sanzenberger: Fotografie als Medium zwischen<br />
Wissenschaft und Okkultismus. Diplomarbeit an der Hochschule für Grafik und Buchkunst, Leipzig 2003.<br />
375 Vgl. auch den Brief Carl du Prel an Alexander Aksakow, 12.2.1888 u. 12.5.1894 im Anhang..<br />
376 Wahrscheinlich verstand Carl du Prel unter transzendentaler Fotografie eine so genannte Gedankenfotografie, die auf Fotografien<br />
angeblich Projektionen von Gedanken, Bilder oder Vorstellungen festhält. Der transzendentalen Fotografie sah du<br />
Prel die „sichtbare Phantomfotografie“ gegenüber. Vgl. Carl du Prel an Alexander Aksakow, 21.2.1887.<br />
377 Vgl. Schrenck-Notzing, Albert von: Materialisations-Phaenomene: Ein Beitrag zur Erforschung der mediumistischen Teleplastie,<br />
mit 150 Abb., Reinhardt, München 1914.<br />
378 Fischer, Andreas: „Okkulte Fotografie“, in: Im Reich der Phantome Fotografie des Unsichtbaren, Cantz, Ostfildern-Ruit 1997: S. 98.