ZWISCHEN PHILOSOPHIE UND SPIRITISMUS
ZWISCHEN PHILOSOPHIE UND SPIRITISMUS
ZWISCHEN PHILOSOPHIE UND SPIRITISMUS
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
QUELLEN ZU DEN GESELLSCHAFTEN | 261<br />
Methode erforscht werden, dann wird auch der Gewinn davon ein bleibender sein, und man wird erkennen, dass<br />
diese Fähigkeiten unabhängig sind von den Sinnen und dem Organismus. Die Psychologie wird alsdann von der<br />
physiologischen Ankettung wieder befreit, und der Seele wird die Würde einer selbständigen Substanz zugesprochen<br />
werden.<br />
Aus dem Vorstehenden geht schon hervor, dass das Studium der Psychologie für uns alle vom höchsten Interesse<br />
ist. In erster Linie, und abgesehen von unseren verschiedenen Berufen, sind wir Menschen, und um Erforschung des<br />
Menschenrätsels handelt es sich. Insbesondere aber gibt es keinen wissenschaftlichen oder künstlerischen Beruf,<br />
der nicht Vorteil aus der Erforschung dieses Gegenstandes ziehen könnte. Jedem Gelehrten liegt zwar zunächst<br />
sein Spezialfach am Herzen; aber es ist leicht zu zeigen, dass eine Experimentalpsychologie auf alle Spezialfächer,<br />
zum Teil sogar umwälzend, einwirken würde.<br />
Der Philosoph,. Welcher den Beweis einer substanziellen Selbständigkeit der Seele sucht, findet hier diesen Beweis.<br />
Dem Kulturhistoriker werden Rätsel gelöst, bezüglich deren er bisher nur vor der traurigen Alternative stand,<br />
tausendfach bezeugte Tatsachen entweder unverstanden anzunehmen, oder aber tausende der besten Zeugen<br />
unserer Geschichtsforschung für unzuverlässig oder gar betrügerisch zu erklären.<br />
Der Arzt wird durch die Aussicht einer psychischen, und weiterhin einer autopsychischen Heilmethode gelockt<br />
werden, die neben der medikamentösen ihren berechtigten Platz einnehmen wird.<br />
Der Philologe wird nicht mehr genötigt sein, die glänzendste Epoche der Weltgeschichte, die des alten Griechenlands,<br />
mit dem Vorwurf eines krassen Aberglaubens zu belasten; die grossen philologischen Rätsel – Orakel,<br />
Tempelschlaf, Mysterien – werden für ihn Licht gewinnen.<br />
Der Pädagoge wird erkennen, dass sich der passive Gehorsam des Hypnotisierten zu pädagogischen Zwecken<br />
verwerten lässt, wenn die anderen Erziehungsmittel versagen. Experimente dieser Art liegen bereits vor.<br />
Der Psychiater, welcher gegenwärtig fast nur darauf beschränkt ist, seine Patienten von der Welt zu isolieren und<br />
nur allgemein als Arzt, aber nicht speziell als psychischer Arzt zu wirken, wird erkennen, dass, wer die Macht besitzt,<br />
einer fremden Seele Gedanken zu benehmen und andere Gedanken einzupflanzen – es sei nur an die Experimente<br />
mit Hansen erinnert – eben darum imstande sein muss, Geisteskranke zu heilen, wenigstens sie von ihren fixen<br />
Ideen zu befreien. Auch in dieser Richtung liegen bereits erfolgreiche Experimente vor.<br />
Der Theologe wird das höchste Interesse daran nehmen, dass verschiedene Berichte der Bibel und der Heiligenkunde,<br />
die bisher ausserhalb des Kreises seiner Berufsgenossen einer negierenden Zweifelsucht begegneten, nunmehr<br />
als möglich anerkannt werden.<br />
Der Jurist wird ebenfalls in Grenzberührung mit der Psychologie kommen. Er wird sich unter anderem mit der Frage<br />
zu beschäftigen haben, ob die von einem zurechnungsfähigen Menschen begangenen Handlungen unter allen<br />
Umständen ihm zur Last gelegt werden können. Diese Frage, welche die französischen und Schweizer Gerichtshöfe<br />
bereits mehrfach praktisch beschäftigt hat, muss verneint werden, denn der Mensch kann unter hypnotischem<br />
Einfluss gehandelt haben.<br />
Der Künstler wird vielleicht leer auszugehen glauben; aber Gebärden und Mimik sind in hypnotischen und somnambulen<br />
Zuständen nicht nur dem Einfluss fremder Ideen zugänglich, sondern alsdann auch im höchsten, im<br />
Wachen kaum erreichbaren Grade ausdrucksvoll, weil sie eben von innen herausgearbeitet werden, während das