ZWISCHEN PHILOSOPHIE UND SPIRITISMUS
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54 | CARL DU PREL – LEBENSLAUF<br />
um von Wallace: Edlington [Eglinton]. Zöllner’s III Band ist eben erschienen.“ 187<br />
Ein entscheidender Punkt für die weitere Entwicklung du Prels hin zum Spiritismus war seine Hochzeit, im März<br />
1880. Er heiratete Albertine geb. Baur, verw. Schmid (1853–1915). In einem Brief spricht du Prel von seiner Frau als<br />
einem „gelinden Medium“188. Und seine Beschäftigung mit der „Mystik“ begann nach seinen eigenen Worten während<br />
der Hochzeitsreise, ohne es weiter zu erklären.189 In mehrfacher Hinsicht brachte sie ihn dazu, sich zukünftig<br />
der „Mystik“ zuzuwenden. Bis zur ihrer Hochzeit lebte du Prel ab 1876 mit seinen Arkas-Freunden Heinrich Noé und<br />
dem Maler Adolf Oppel in einer Art Wohngemeinschaft in Brixen. Auf Grund seines geringen Einkommens konnte<br />
er sich das Leben in München, Straßburg - wo ein Bruder lebte - oder in einer anderen größeren Stadt nicht leisten.<br />
Hier in Brixen lernte er 1877 Albertine kennen. In einem Brief vom 17.12.1877 an Martin Greif beschrieb du Prel er<br />
sie:<br />
„Ich lernte hier e. junge Witwe kennen, mit der ich auf fast täglichen Spaziergängen sehr befreundet<br />
wurde. Sie ist äußerst gescheidt u. wußte ich bald voraus, daß gerade ihr Deine Gedichte gefallen würden.<br />
Sie ist ganz entzückt gewesen […] Die Witwe ist talentvolle Künstlerin; sie sagte, Deine Gedichte geben ihr<br />
lauter Bilder, und sie werde sie illustriren, wenn sie einmal in ihrer Kunst weiter gekommen sei.“190<br />
Albertine war mit der Schriftstellerin Isabella Braun befreundet, ihr Bruder Karl Albert Baur war Maler. So waren ihr<br />
die Türen der Brixener Künstlerkreise geöffnet. Nach ihrer Hochzeitsreise durch Oberitalien, Tirol, Straßburg und Avignon<br />
zogen sie nach ihrer Rückkehr nach München, wo beide bis zu ihrem Tod lebten. Auf Grund der finanziellen<br />
Mittel, die Albertine aus ihrer ersten Ehe mit in die Verbindung brachte, war fortan ein gesicherter Lebensstandart<br />
möglich, so nun auch der neue Wohnsitz in München, damals eines der bedeutendsten Geisteszentren in Deutschland,<br />
hinsichtlich der Kulturschaffenden und der Impulsgeber für die Moderne war es vor und um die Jahrhundertwende<br />
noch vor Berlin zu nennen. Die Familie wurde hier schließlich 1882 noch durch die Geburt ihrs gemeinsamen<br />
Sohns Gerhard und ein Jahr später durch ihre Tochter Hildegard erweitert. Albertine wurde ihrem Ehemann<br />
eine starke Stütze und wichtige Assistentin. Ihre „günstigen Vermögensverhältnisse“ erlaubten ihrem Mann, ohne<br />
jede Rücksicht auf’s Geldverdienen zu schreiben und zu studieren. Die Heirat brachte Kontinuität in du Prels Leben<br />
- seine Arbeiten wurden nicht mehr durch allsommerliche Treffen und ausgedehnte Wanderungen mit Freunden<br />
oder durch Geldmangel und die Notwendigkeit, Artikel für den Lebensunterhalt zu schreiben, unterbrochen. Und<br />
da die Erziehung der Kinder fast vollständig seine Frau übernahm, konnte sich Carl du Prel voll und ganz auf seine<br />
Studien konzentrieren und sie über die Jahre systematisch ausbauen. Von nun an wurden Nacheinander die Bewusstseinszustände<br />
im Traum, in der Hypnose, wurden Somnambulismus und Spiritismus studiert, beobachtet und<br />
philosophisch ausgewertet. Ein Ergebnis dieser Tätigkeit war schließlich die Begründung des spiritistischen Vereins<br />
„Psychologische Gesellschaft“. Als (außerordentliches) Mitglied 191 nahm Albertine später an beinah allen Sitzungen<br />
und Experimenten teil. Ihr Vetter, Carl Arnhard, gehörte dem Vorstand der Nachfolgegesellschaft, der Gesellschaft<br />
für wissenschaftliche Psychologie an.<br />
187 Eduard von Hartmann an Carl du Prel, 11.11.1879.<br />
188 Carl du Prel an Hans Vaihinger, 6.8.1888.<br />
189 Carl du Prel an Alexander Aksakow, 29.4.1890: „Es sind nun fast 10 Jahre, daß ich – auf der Hochzeitsreise – diese mystischen<br />
Arbeiten begonnen habe.“ Aufbewahrungsort aller Briefe an Alexander Aksakow ist Puschkinskij Dom, St. Petersburg. Der<br />
Nachlass ist nicht inventarierit, Signaturen existierten zum Zeitpunkt der Entstehung dieser Arbeit noch nicht.<br />
190 Carl du Prel an Martin Greif, 17.12.1877.<br />
191 Frauen waren als Vollmitglieder nicht zugelassen.