ZWISCHEN PHILOSOPHIE UND SPIRITISMUS
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116 | WIRKUNG <strong>UND</strong> WIRKUNGSFELD<br />
ser Gruppierung war in einigen Aspekten die Nähe zu du Prels geistigen Ideen zu erkennen. Priska Pytlik schreibt<br />
in diesem Zusammenhang „München avancierte um 1900 nicht nur zum Brennpunkt okkultischer Kreise, sondern<br />
gehörte auch zu den Zentren der literarischen Moderne.“ 467<br />
Gegründet wurde Die Gesellschaft 1885 und trug den Untertitel realistische Wochenschrift für Literatur, Kunst<br />
und Leben. Sie war eine Wochenzeitschrift und entwickelte sich sehr schnell zu einem wichtigen Sprachorgan des<br />
frühen Naturalismus in Deutschland. Sie erschien bis 1902 regelmäßig. Zu den „auserlesene[n], opferwillige[n]<br />
Mitstrebender“ der ersten Nummern, die „hervorragende Arbeiten aus dem Gebiete der realistischen Novelle, des<br />
Feuilletons und des wissenschaftlichen Essays“ 468 bieten sollten, gehörten Carl du Prel, Martin Greif und Alfred von<br />
Mensi-Klarbach.<br />
Von du Prel erschien schließlich nur Das weltliche Kloster. Eine Vision (1887), 1890 Die Gegner der mystischen<br />
Weltanschauung und im zweiten Quartal 1892 Deutscher Schriftsteller und amerikanischer Flibustier. Eine weitere<br />
Zusammenarbeit auf der Ebene der Gesellschaft ist nicht nachweisbar. Conrad forderte zwar du Prel zu einem<br />
weiteren Beitrag auf, was aus einem Brief du Prels an Conrad deutlich wird, doch lehnte du Prel dieses ab. 469 In wie<br />
weit die Verbindung zwischen Conrad und du Prel auf Ebene der Gesellschaft für modernes Leben weiter geführt<br />
wurde, bleibt unklar, es konnten bislang keine Dokumente gefunden werden, die auf eine weitere Verbindung<br />
hindeuten, einzig die Charakterisierung du Prels in Conrads Buch Gelüftete Masken. Allerlei Charakterköpfe lässt<br />
vermuten, dass es durchaus einen Kontakt jenseits der Briefe, die alle im Zusammenhang mit Veröffentlichungen<br />
in Der Gesellschaft standen, gegeben zu haben scheint, zumal das Buch schon 1890 erschien, die Gesellschaft für<br />
Modernes Leben aber erst 1891 gegründet wurde.<br />
Die Wiener Rundschau (1897–1901) offenbart eine noch deutlichere Verbindung von Spiritismus und dem was<br />
man gemeinhin unter dem Sammelbegriff ‚Moderne’ zu fassen versucht. Besonders wird dies an den Literaten deutlich,<br />
die alle samt zur Strömung ‚Moderne’ gerechnet werden. Es veröffentlichten hier unter anderem Rainer Maria<br />
Rilke, Björnstjerne Björnson, Gabriele d’Annunzio, Richard Dehmel, August Strindberg und Wilhelm von Scholz. Eine<br />
enge Verbindung zwischen du Prel Dehmel, Rilke und Wilhelm von Scholz kann dahingehend hergestellt werden,<br />
dass sie alle du Prel, teilweise mehrfach, Werke schickten, mit der Bitte diese durchzusehen, zu bewerten und zu<br />
besprechen. Du Prel gab für sie einen neuen Typ von Literaturkritiker, dessen Urteil für ihre weitere Entwicklung bedeutungsvoll<br />
und entscheidend und für ihre Karriere förderlich zu sein schien. Sowohl von diesen dreien, wie auch<br />
von Johannes Schlaf, Maurice Maeterlinck und Stefan George, die allesamt in der Wiener Rundschau veröffentlichten,<br />
ist verbrieft, dass sie sich in den frühen Jahren der Wiener Rundschau mit Carl du Prels spiritistischen Ideen<br />
auseinander setzten und sich dies in ihren eigenen Schriften niederschlug. 470<br />
So war die Wiener Rundschau ein literarisch-okkultistisches Forum, was sie auch erklärtermaßen durch ihre Herausgeber<br />
Felix Rappaport und Gustav Schoenaich sein sollte. Kurz vor der Einstellung der Zeitschrift 1901 erklärten<br />
467 Pytlik, Priska: Okkultismus und Moderne Ein kulturhistorisches Phänomen und seine Bedeutung für die Literatur um 1900, Schöningh,<br />
Paderborn 2005: S. 89.<br />
468 Conrad, Michael Georg: Zur Einführung, in: Die Gesellschaft: 1891: S. 3.<br />
469 Vgl. Carl du Prel an Michael Georg Conrad, 1.7.1892. Conrad forderte du Prel zu einer Replik gegen Paul von Linds „Kants mystische<br />
Weltanschauung“, ein Wahn der modernen Mystik Eine Widerlegung der Dr C du Prel’schen Einleitung zu Kant’s Psychologie<br />
(Poessl, München 1892) auf. Dieses lehnte du Prel aber ab, Lind sei es nicht wert.<br />
470 Siehe dazu Priska Pytliks fundierte Studie Okkultismus und Moderne Ein kulturhistorisches Phänomen und seine Bedeutung für<br />
die Literatur um 1900, Schöningh, Paderborn 2005.