ZWISCHEN PHILOSOPHIE UND SPIRITISMUS
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diese noch, dass der ursprüngliche Gedanke und die Intention, mit Hilfe der okkulten Psychologie eine moderne<br />
Kritik zu begründen, aufgegangen und erreicht worden sei. Wörtlich heißt es:<br />
„Es begründet sich dies […] aus dem Umstande, dass die Absichten, welche die Gründung des Blattes<br />
herbeiführten, in der Hauptsache vorläufig genugsam zum Ausdrucke gebracht erscheinen; wir hatten<br />
eben nicht vor, die Zahl der periodischen literarischen Überflüssigkeiten zu vermehren, sondern bestimmte<br />
neue Erkenntnisse zu vermitteln.<br />
Wir haben die Möglichkeiten der Begründung einer modernen Kritik untersucht, welche, auf die Fortschritte<br />
der occulten Psychologie, auf die Erkenntnistheorie und die transcendentale Physik gestützt, ihren<br />
Urtheilen eine sichere und wissenschaftliche Basis geben kann […]. Wir haben gezeigt, dass es absurd<br />
ist, sich mit Kunst zu beschäftigen, wenn man gerade diejenigen Theile des menschlichen Organismus,<br />
welchen sie entstammt, nicht kennt und, auf den Dogmen einer überwundenen Biologie fußend, deren<br />
Existenz grundsätzlich nicht kennen will, und dass nur die Kenntnis der verborgenen mathematischen<br />
Grundverhältnisse exacte Kunstbeurtheilung ermöglicht.“ 471<br />
In dieser Absicht kam Carl du Prel eine zentrale Funktion zu. Er publizierte in der Wiener Rundschau Die Somnambulen<br />
als Lehrer (in drei Artikel) und Die magische Vertiefung der modernen Naturwissenschaft alle im Gründungsjahr<br />
1897. Ebenso folgten Artikel wie Hypnotismus und Magnetismus 472 , Die spiritualistische Bewegung 473 ,<br />
Okkultismus und die officielle Wissenschaft 474 und Zur Psychologie des Hellsehens 475 , die sich alle samt mit du<br />
Prel und seinen Schriften befassten. Der Theosoph Franz Hartmann (1838–1912) zog in einem Artikel mit dem Titel<br />
Du Prel und seine Schriften einen Vergleich zwischen du Prels Spiritismus und der Theosophie 476 .<br />
Nach du Prels Tod 1899 verneigte sich die Zeitschrift in einer letzten Geste der Hochachtung gegenüber du Prel mit<br />
dem Satz: „Wir grüssen den entschlafenen Philosophen zum letzten Male in Verehrung.“ 477<br />
Wie kaum ein anderes Blatt begleitete hingegen Die Gegenwart Carl du Prels gesamten Werdegang von seinen Anfängen<br />
als Rezensenten bis zu dem Zeitpunkt, da er als der führende Spiritist Deutschlands geworden war und auch<br />
noch in den letzten Jahren, in denen du Prel sich mehr und mehr zurück zog. In ihr veröffentlichte er über einen<br />
entsprechend langen Zeitraum seine Artikel. Diese Zeitschrift wurde im Jahre 1872 von Paul Lindau (1839–1919) in<br />
Berlin begründet, deren Chefredakteur er auch bis 1881 war. Sie zählte zu den ältesten Zeitschriften des Revuetyps<br />
und hatte den Untertitel Zeitschrift für Literatur, Wirtschaftsleben und Kunst, der später in Wochenschrift für<br />
Literatur, Kunst und öffentliches Leben abgeändert wurde. Lindau war Literaturhistoriker, -kritiker und Dramatiker<br />
der vornaturalistischen Ära und gab seit 1877 auch die Zeitschrift Nord und Süd heraus. Auch in ihr wurden<br />
Artikel du Prels aufgenommen und abgedruckt. Ihren wichtigsten Leserkreis sah ihr Begründer in einer „gebildeten<br />
Minderheit“.<br />
„Alle Erscheinungen auf dem Gebiete des öffentlichen Lebens und geistigen Schaffens von feinsinnigen Standpunkt<br />
aus“ zu besprechen, wurde beabsichtigt. Für die du Prels relevanten Jahre stand die Zeitschrift unter ihren<br />
471 Wiener Rundschau: Heft 18, 5. Jg.: S. 343<br />
472 Carl Thomassin in Nr. 25 von 1899.<br />
473 Anonym:, in Wiener Rundschau Nr. 8, 1900.<br />
474 Max Seiling in Wiener Rundschau Nr. 9, 1900. Ders.: Goethes Sensitivität, 1901.<br />
475 Ludwig Deinhard in Wiener Rundschau Heft 21, 1899.<br />
476 Wiener Rundschau Nr. 20, 1. Sept. 1899.<br />
477 Die Redaktion: Wiener Rundschau, 1899.