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ZWISCHEN PHILOSOPHIE UND SPIRITISMUS

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38 | CARL DU PREL – LEBENSLAUF<br />

von Reichenbach und Ernst Haeckels las, die ihm Hartmann geschickt hatte. Die Briefe du Prels und Hartmanns<br />

enthielten unzählige Literaturhinweise. Allein diese Angaben geben dem heutigen Leser einen Einblick in du Prels<br />

Entwicklungsphase. Du Prel berichtete Hartmann von seiner Lektüre, zu der gehörten Heymann Steinthal: Mythos<br />

und Religion, 1870; Edmund Spieß: Logos Spermaticos. Parallelstellen zum Neuen Testament aus den Schriften<br />

der alten Griechen. Ein Beitrag zur christlichen Apologetik und zur vergleichenden Religionserforschung, 1871;<br />

H. von Brucken-Fock: Das Wesen Gottes und der Welt, 1871; Hermann Cohen: Kants Theorie der Erfahrung, 1871;<br />

Otto Pfleiderer: Theorie des Aberglaubens, 1872; African Spir: Denken und Wirklichkeit. Versuch einer Erneuerung<br />

der kritischen Philosophie, 1873; F. W. Struhnnek: Scheidung der Kulturelemente, 1873²; Carl Stumpf: Über den<br />

psychologischen Ursprung der Raumvorstellung, 1873; Friedrich Max Müller: Einleitung in die vergleichende<br />

Religionswissenschaft, 1874; Johann Peter Lange: Zur Psychologie in der Theologie, 1874.<br />

Da nach der Promotion 1869 mangels freier Stelle an der Münchener Militärakademie der Doktortitel du Prel bei<br />

weiterer Zugehörigkeit zur Armee keinen Nutzen brachte - du Prel hatte sich vergeblich beworden, quittierte er den<br />

Dienst und versuchte sein Glück als freier Autor. Er wurde Vermittler der Hartmannschen Philosophie und machte<br />

sich in den frühen 1870er Jahren als Schopenhauer- und Hartmann-Kenner in einigen Redaktionen100 einen Namen.<br />

Darüber hinaus schrieb er Rezensionen zu Werken der Freunde Martin Greif und Heinrich Noé, zu philosophischen<br />

und ästhetischen Werken, ebenso entstanden Feuilletons.<br />

Am 19. Juli 1870 brach der Deutsch-Französische Krieg aus. Einen Tag später meldete sich du Prel ein weiteres Mal<br />

freiwillig bei der Armee und bat um Reaktivierung. Seine Hoffnung, an die Front geschickt zu werden, erfüllte sich<br />

nicht. Du Prel wurde auf Grund seiner Französischkenntnisse in die Kommandantur eines Gefangenenlagers in<br />

Neuburg an der Donau geschickt. Enttäuscht schrieb er seinem Freund Adolph Bayersdorfer:<br />

„Daß es mit meinem Blutdurst nicht weit her ist, weißt Du selbst; aber erstens ist man nicht 11 Jahre Offizier,<br />

ohne Ausmarschgelüste zu verspüren sogar bei einem blödsinnigen 66er Feldzuge 101 , vielmehr also<br />

bei diesem. […] ich [habe] mich sehr gefreut, jetzt endlich […] hinauszukommen, bin also enttäuscht.“ 102<br />

In einem Brief aus diesem „erbärmlichen Nest“ 103 beklagte er gegenüber Martin Greif den Verlust der Freiheit: „Was<br />

bin ich auch ein solcher Esel gewesen und aus dem Egoismus heraus in der Vaterlandssimpelei hineingefallen. Wie<br />

kann man so dumm sein!“ 104 Als sein Bruder Walter (1843–1870) an der Front fiel, schrieb Carl am 20.12.1870 an<br />

seinen Freund Adolph Bayersdorfer:<br />

„Der Gedanke an meine Leute [Eltern, Anm. TK] und die wenigen Wesen außerdem, die an meinem<br />

Schicksal ein wenig Antheil nehmen, versöhnt mich einigermaßen mit meinem Depotdienste, wie es<br />

mich eigentl[ich] mehr für meine Leute freut, als mich selbst, daß ich avancirt. Ich bin lieber lebendiger<br />

Hauptmann als todter Oberlieutnant – beim 2ten Regt. geblieben würde ich das wohl sein – ; aber es wäre<br />

100 Süddeutsche Presse, München; Augsburger Abendzeitung, Augsburg; Allgemeine Zeitung, Augsburg ; Die Presse, Wien ; Tages-<br />

Presse, Wien ; Deutsche Zeitung, Wien ; Wiener Zeitung und ihre Beilage Oesterreichische Wochenschrift für Wissenschaft und<br />

Kunst, Wien; Deutsche Vierteljahresschrift, Stuttgart; Im neuen Reich. Wochenschrift für das Leben des deutschen Volkes im<br />

Staat, Wissenschaft und Kunst, Leipzig. Siehe Anhang: Übersicht Zeitung und Zeitschriften.<br />

101 Gemeint ist die Schlacht von Bad Kissingen vom 10. Juli 1866 in der es zu einem Gefecht zwischen bayerschen und preußischen<br />

Truppen kam, die Bayern unterlagen.<br />

102 Carl du Prel an Adolph Bayersdorfer, 20.12.1870.<br />

103 Carl du Prel an Eduard von Hartmann, 29.6.1871.<br />

104 Carl du Prel an Martin Greif, 24.7.1871.

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