ZWISCHEN PHILOSOPHIE UND SPIRITISMUS
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2. 1880 bis 1899<br />
i. Die Philosophie der Mystik und Carl du Prels metaphysischer Darwinismus<br />
| 55<br />
Nach den Briefen zu urteilen, die nach seiner über drei Monate dauernden Hochzeitsreise und nach dem schon<br />
erwähnten Zusammentreffen mit Hellenbach im Sommer 1880 scheinen die Weichen für neue Vorhaben gestellt zu<br />
sein. Hellenbach bewog du Prel Zöllner zu schreiben:<br />
„Baron Hellenbach, der mich vor einigen Tagen hier besuchte, hat mein Bedenken zerstreut, das ich<br />
hatte, Ihnen die anliegende Schrift über die Planetenbewohner“ zu senden. Vielleicht hat dieselbe kein<br />
anderes Verdienst, als den einen oder anderen Leser, möglicher Weise zu seiner Überraschung, gerade<br />
so vor die Schwelle des Spiritismus zu führen, wie ich selber davor geführt wurde. […] Wenn ich mich an<br />
Ihrem Kampfe gegen den Materialismus auch nur nach Maßgabe meiner bescheidenen Kräfte betheiligen<br />
kann, so ist es mir doch ein ehrendes Bewußtsein, in Übereinstimmung mit Ihren Tendenzen mich zu<br />
befinden.“ 192<br />
Über den Zeitraum zwischen 1880 und 1884 gibt es wenig klar zu zuordnende Aktivitäten, es entstehen einige Artikel<br />
und Aufsätze 193 , die im Kosmos und den literarischen Zeitschriften Salon und Gegenwart veröffentlicht werden:<br />
Etwas erhellt wird diese Zeit durch einen Brief den du Prel 1882 an den Schriftsteller Moritz Necker in Wien schrieb:<br />
„Ich wühle im Traum und Somnambulismus herum und will sie für ein philosophisches System ausbeuten,<br />
was noch viel zu wenig geschehen ist. Ich habe in dieser Richtung ein paare Jahre Arbeit vor mir und<br />
bereits hinter mir […].“ 194<br />
Aus diesem Wühlen und dem wahrscheinlichen Studium unzähliger Schriften und Bücher entstand schließlich<br />
eines der Hauptwerke du Prels Die Philosophie der Mystik (1884, vordatiert auf 1885), die sich thematisch an seine<br />
Dissertation Oneirokritikon anschloss und eine Metaphysik des Traums darstellen sollte.<br />
Untersucht werden sollten die Vorgänge der menschlichen Psyche im Allgemeinen, Hypnotismus, Somnambulismus<br />
und Spiritismus im Besonderen. Diese Erscheinungen fasste du Prel gerne mit den von ihm nicht immer zutreffenden<br />
Begriffen Okkultismus und Mystik zusammen. Eine klare einschränkende Definition dieser beiden Begriffe<br />
lässt sich nur sehr schwer herstellen und verwischt alsbald bei der Anwendung wieder.<br />
Schon 1881 schrieb er an den bekannten Münchner Maler Gabriel von Max (1840–1915):<br />
„Das Buch, das ich in München schreiben will, heißt wohl: Der Traum. Einleitung in das Studium der Magie.<br />
Was von dem Bewußtsein philosophisch u. naturwissenschaftlich feststeht, daß es nämlich seinen Gegenstand,<br />
sein Objekt, die äußere Welt, nicht erschöpft, sondern wegen Mangels entsprechender Sinne ein<br />
192 Carl du Prel an Karl Friedrich Zöllner, 20.8.1880.<br />
193 Eine Auswahl: Schlaf und Tod (1882), Die Weltstellung des Menschen (1882), Ueber die Entwicklungsfähigkeit der Wissenschaft<br />
(1882), Über die wissenschaftliche Bedeutung des Traumes (1882), Das Erinnerungsvermögen (1883), Der Somnambulismus<br />
(1884). Bis auf die ersten beiden erwähnten Aufsätze wurden die übrigen als Kapitel in die Philosophie der Mystik übernommen.<br />
Siehe Bibliografie im Anhang.<br />
194 Carl du Prel an Moritz Necker, 16.6.1882.