ZWISCHEN PHILOSOPHIE UND SPIRITISMUS
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88 | CARL DU PRELS STRATEGIEN DER VERBREITUNG - MÖGLICHKEIT <strong>UND</strong> ERFOLGE<br />
sässige Personen konnten z.B. nur korrespondierende Mitglieder werden. Irgendwann muss die Beschränkung der<br />
Mitgliederzahl aber aufgehoben worden sein, da für das ‚Wintersemester‘ des Jahr 1899/1900 in den polizeilichen<br />
Akten von München ein Anstieg der Mitgliederzahl von 92 auf 104 verzeichnet ist 341 .<br />
Korrespondierende Mitglieder der Gesellschaft für wissenschaftliche Psychologie waren z.B. Dr. Erich Bohn aus Breslau.<br />
Er kam im Jahre 1900 in die Schlagzeilen im Zusammenhang mit dem ‚Medium’ Anna Rothe. Auch die Redakteure<br />
der Psychischen Studien: Professor Dr. Friedrich Maier (Tübingen) und Dr. Gregor C. Wittig (Leipzig), daneben<br />
Max Rahn, Sekretär der Wissenschaftlichen Vereinigung „Sphinx“ 342 und Herausgeber ihrer Verbandszeitschrift Die<br />
übersinnliche Welt gehörten zu den Mitgliedern, die reges<br />
Interesse an der Gesellschaft zeigten, wenn auch nur in brieflicher Form. Um den Kreis von Personen, die sich durch<br />
die Gesellschaft angesprochen fühlen konnten, so weit als möglich zu fächern, wies du Prel schon im Programm343<br />
der Psychologischen Gesellschaft auf die Zusammenhänge und den Nutzen hin, den die so genannte „Experimentalpsychologie“<br />
auf Disziplinen wie Kunst, Malerei und Literatur haben konnte, aber auch welchen Einfluss sie auf<br />
gesellschafts- und sozialpolitische Bereiche sie haben konnte, ebenso in den Bereichen Gesundheit und Erziehung.<br />
Angesprochen fühlen sollten sich daher sowohl der Philosoph „welcher den Beweis einer substanziellen Selbständigkeit<br />
der Seele sucht, [er] findet hier diesen Beweis“. 344 Dem Kulturhistoriker<br />
„werden Rätsel gelöst, bezüglich deren er bisher nur vor der traurigen Alternative stand, tausendfach<br />
bezeugte Tatsachen entweder unverstanden anzunehmen, oder aber tausende der besten Zeugen unserer<br />
Geschichtsforschung für unzuverlässig oder gar betrügerisch zu erklären.“ 345<br />
Der Arzt „wird durch die Aussicht einer psychischen, und weiterhin einer autopsychischen Heilmethode<br />
gelockt werden, die neben der medikamentösen ihren berechtigten Platz einnehmen wird.“<br />
Der Philologe „wird nicht mehr genötigt sein, die glänzendste Epoche der Weltgeschichte, die des alten<br />
Griechenlands, mit dem Vorwurf eines krassen Aberglaubens zu belasten; die grossen philologischen<br />
Rätsel – Orakel, Tempelschlaf, Mysterien – werden für ihn Licht gewinnen.“<br />
Der Pädagoge „wird erkennen, dass sich der passive Gehorsam des Hypnotisierten zu pädagogischen<br />
Zwecken verwerten lässt, wenn die anderen Erziehungsmittel versagen. Experimente dieser Art liegen<br />
bereits vor.“<br />
Der Psychiater, „welcher gegenwärtig fast nur darauf beschränkt ist, seine Patienten von der Welt zu<br />
isolieren und nur allgemein als Arzt, aber nicht speziell als psychischer Arzt zu wirken, wird erkennen, dass,<br />
wer die Macht besitzt, einer fremden Seele Gedanken zu benehmen und andere Gedanken einzupflanzen<br />
341 Vgl. Raschke, C. A.: Jahresbericht 1899-1900 der Gesellschaft für wissenschaftliche Psychologie in München, in: Psychische Studien,<br />
Aug. 1900: S. 461-463.<br />
342 Kleiner Überblick in Glowka, Hans-Jürgen: Deutsche Okkultgruppen 1875–1937, Arbeitsgemeinschaft für Religions- und Weltanschauungsfragen,<br />
München 1981: S. 36 f.<br />
343 Entgegen anders lautenden Aussagen wissenschaftlicher Forschungen geht aus den neuen vorliegenden Quellen eindeutig<br />
hervor, dass Carl du Prel der Verfasser des Programms ist: Carl du Prel an Wilhelm Hübbe-Schleiden, 28.10.1886: „Den § 1 der<br />
Statuten ‚Zweck der Gesellschaft’ habe ich zu einem Programm von 3-4 Druckseiten erweitert. Das könnte einmal vorgelesen<br />
u. besprochen werden, eignet sich vielleicht auch zur Veröffentlichung u. Versendung.“ Dass das Programm in seine Nachgelassenen<br />
Schriften mit aufgenommen wurde, die 1911 erschienen, kann als ein weiterer Hinweis gewertet werden.<br />
344 Du Prel, Carl: Programm der Psychologischen Gesellschaft, in: Sphinx, März 1887: S. 32–36; und in: Nachgelassene Schrift, Altmann,<br />
Leipzig 1911: S. 232–239; abgedruckt im Anhang.<br />
345 Ebd.