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ZWISCHEN PHILOSOPHIE UND SPIRITISMUS

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2. PROGRAMM DER PSYCHOLOGISCHEN GESELLSCHAFT<br />

QUELLEN ZU DEN GESELLSCHAFTEN | 259<br />

Nachfolgenden Programm wurde von Carl du Prel verfasst und im Januar 1887 in der Zeitschrift Sphinx veröffentlicht<br />

und 1911 ein weiteres Mal abgedruckt in: Nachgelassene Schrift: S. 232–239:<br />

Das interessanteste Studium für den Menschen ist der Mensch. Er ist es, nicht nur weil uns von Natur aus der Trieb<br />

innewohnt, über unser Wesen und unsere Stellung in der Welt zur Klarheit zu kommen, sondern auch aus dem<br />

theoretischen Grunde, weil uns die Natur kein höheres Gebilde bietet, als eben den Menschen. Beide Gründe vereinigen<br />

sich, um uns bei diesem Studium zunächst auf jene Seiten der menschlichen Natur zu verweisen, vermöge<br />

welcher wir eben Menschen sind, im Unterschiede von anderen Geschöpfen.<br />

Darum sollte die Psychologie die erste aller Wissenschaften sein. In der Wertschätzung, die ihr zuteil wird, ist sie<br />

es auch, aber nicht bezüglich ihres Entwickelungsgrades. Noch vor hundert Jahren konnte Voltaire mit Recht den<br />

Schmerzensschrei ausstossen, dass wir in Bezug auf die Seele nicht weiter gekommen seien, als die Druiden, und<br />

mag sich auch seither manches gebessert haben, so ist doch nicht zu leugnen, dass die Psychologie von anderen<br />

Wissenszweigen weit überflügelt wurde.<br />

Das liegt zum Teil an der Schwierigkeit des Gegenstandes, der sich einer exakten Erforschung immer wieder entziehen<br />

zu wollen scheint. Der Wunsch eines griechischen Philosophien: „Wäre doch alles Mathematik!“ wird sich wohl<br />

zu allerletzt in Bezug auf die Psychologie erfüllen. Zum Teil liegt es aber auch daran, dass sie, durch die Allgemeinrichtungen<br />

der Geistesepochen bestimmt, zu keiner Selbständigkeit gelangte. Im Mittelalter war die Psychologie<br />

aus dem religiösen Boden herausgewachsen, und diese ist jetzt schon mit ihrem unvermittelten Gegensatz von<br />

Leib und Seele als dualistisch veraltet; denn die Wissenschaft verlangt mit Recht eine monistische Erklärung des<br />

Menschen. Die moderne Psychologie ist aus der naturwissenschaftlichen Richtung entsprungen, und so sucht man<br />

alles Psychische aus dem Physischen zu erklären. Die Psychologie wurde zu einem blossen Anhang der Physiologie,<br />

und die Seele, als selbständige Substanz, ging darüber verloren.<br />

Soll nun die Psychologie aus der falschen materialistischen Stellung befreit werden, in die sie geraten ist, so<br />

erscheint es als die wichtigste Aufgabe der Wissenschaft, dem nicht abzuleugnenden Einfluss des Körperlichen auf<br />

das Seelische den Einfluss des Seelischen auf das Körperliche entgegenzustellen, und jene seelischen Funktionen<br />

zu betonen, welche die Gewähr ihrer Unabhängigkeit vom körperlichen Organismus in sich selber tragen.<br />

Das normale Leben als natürliche und innige Verschmelzung des Geistigen mit dem Körperlichen bietet dazu nicht<br />

so günstige Gelegenheiten, wie abnormen Zustände, worin eben wegen Unterdrückung des Körperlichen das Geistige<br />

sich freier entfaltet und wegen dieser grösseren Reinheit und Unabhängigkeit selbständiger erforscht werden<br />

kann.<br />

Die moderne Wissenschaft enthält in dieser Richtung schon sehr entwickelungsfähige Ansätze. Die hypnotischen<br />

Versuche z. b. – deren Hauptverdienst zu Zeit hauptsächlich den medizinischen Schulen von Nancy und Paris zufällt<br />

– widerlegen nicht nur den Materialismus, sondern beweisen umgekehrt die Abhängigkeit sogar der unbewussten<br />

und unwillkürlichen Funktionen unseres Leibes von dem Gedanken des Operators, der die hypnotisierte Versuchsperson<br />

beherrscht. Er kann z. B., wie die Professoren Bernheim und Beaunis gezeigt haben, das vasomotorische<br />

Nervensystem des Patienten in der Weise beeinflussen, dass sich zu einer vorausbestimmten Stunde an einem

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