ZWISCHEN PHILOSOPHIE UND SPIRITISMUS
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Eine erste monografische Studie zu Carl du Prel wurde im Jahr 2000 mit der Magisterarbeit Carl du Prel und sein<br />
Werk aus kunst- und kulturwissenschaftlicher Sicht des Autors durchgeführt.<br />
In der hier vorgelegten Arbeit wird mit Carl du Prel eine Person Schwerpunkt sein, die vor und um 1900 über die<br />
Grenzen des deutschsprachigen Raums hinaus wohlbekannt war und die mit ihren philosophischen Schriften und<br />
Überlegungen einen nachweisbaren Einfluss auf die Kulturschaffenden der Zeit hatte. Carl du Prel war Abkömmling<br />
einer ursprünglich lothringischen Adelsfamilie, der zunächst standesgemäß in Bayern eine Offizierskarriere begann,<br />
sich dann - nach dem Abschied vom Militär - als promovierter Philosoph dem Spiritismus in wissenschaftlichem<br />
wie auch lebensphilosophischem Sinne zuwandte und dabei in einschlägigen Kreisen Berühmtheit erlangte, in den<br />
universitären Kreisen jedoch gemieden und geschnitten wurde.<br />
Gleichwohl, oder gerade deshalb, fehlt bis heute eine umfassende Biografie, die sich mit den zahlreichen Facetten<br />
und verschiedenen Aspekten seiner Person und seines Lebens beschäftigt und gleichzeitig eine Neueinordnung<br />
seines Schaffens und Wirkens bewirkt. Diese Arbeit soll zum einen diese Lücke in der Kulturgeschichtsschreibung zu<br />
schließen helfen, und darüber hinaus ein Quellennachschlagewerk für all jene sein, die sich in Zukunft auf den verschiedenen<br />
Gebieten der Kunst, der Literatur und der Wissenschaft mit der Kulturgeschichte des ausgehenden 19.<br />
Jahrhunderts und dem Auftauchen der Strömung des Spiritismus beschäftigen wollen. Vergleichbar mit dem Blick<br />
auf die Spitze eines Eisbergs soll die vorliegende Arbeit einen ersten Einblick in bislang unbekanntes Datenmaterial<br />
einer subkulturellen Strömung einer ganzen Kulturepoche - der Gründerzeit und dem Historismus - geben.<br />
Es wurden für diese Arbeit Datenbestände zusammengetragen, die es erlauben, eine Reihe von Persönlichkeitsprofilen<br />
genauer zu schärfen oder Personen aus ihrer Vergessenheit zumindest wieder in eine Position des Dämmerlichts<br />
zurück zu bringen, um damit ein bisher wenig bekanntes, weit verzweigtes Netzwerk von Beziehungen<br />
kulturtragender Persönlichkeiten aus der Zeit der Entstehung der Moderne erstehen zu lassen und neu zu erfassen,<br />
um es in den kommenden Jahren vielseitiger beleuchten und neu beurteilen zu können.<br />
Die Recherchearbeiten für diese Arbeit brachten eine Fülle neuen Materials zutage, darunter etwa 700 Briefe und<br />
nahezu die vollständige Anzahl aller jemals von Carl du Prel veröffentlichten und unveröffentlichten Zeitungsartikel<br />
und Essays. Unter den Briefen findet sich die Korrespondenz zwischen Carl du Prel und Eduard von Hartmann<br />
(1842–1906), die eine jahrzehntelange wechselvolle Briefbeziehung belegt. Des Weiteren finden sich Korrespondenzen<br />
mit Hans Vaihinger (1852–1933) und Alexander Aksakow (1832–1903). So kann man aus dem Briefwechsel<br />
zwischen Hartmann und du Prel unter anderem lesen, dass Hartmann du Prel offenbar zunächst zu seinen astronomisch-evolutionstheoretischen<br />
Spekulationen angeregt hatte, was diesen schließlich zum Spiritismus brachte und<br />
worüber es später zu einem Bruch zwischen Hartmann und du Prel kam.<br />
Bei der Entwicklung dieser ersten Annäherung an den Philosophen und ‚Seelenforscher’ Carl du Prel liegt der<br />
Schwerpunkt dieser Arbeit in der Konzentration auf eine dokumentarische Binnensicht des Briefschreibers Carl du<br />
Prel und der Rekonstruktion seiner soziokulturellen Netzwerke, begründet durch die Fülle des Materials. Du Prel<br />
zum einen als Briefschreiber in einem Umfeld von Gelehrten und Kulturschaffenden zu lesen, die sich gegenseitig<br />
in ihren Ideen befruchteten und immer neue Impulse in ihrem Schaffen gaben, gibt uns die Möglichkeit, ihm genauer<br />
in seiner Entwicklung und im Werden seiner Ideen zu folgen. Gleichzeitig erhält man einen Eindruck davon,<br />
wie er versuchte, durch seine Briefkontakte auf außeruniversitärem Weg Einfluss auf die damalige Gelehrtenwelt<br />
und einige Geistesgrößen zu nehmen. Zum anderen lernen wir ihn in einer Vielzahl von größeren und kleineren,<br />
wichtigen und unbedeutenden Zeitschriften als Feuilletonist in eigener Sache kennen. Hier versucht er auf direktem<br />
Wege Einfluss zu nehmen auf bestimmte Gruppierungen der Bevölkerung. Mit der Betrachtung dieser beiden