ZWISCHEN PHILOSOPHIE UND SPIRITISMUS
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Fähigkeit zu wirken, während eine rein geistige Seele zu einer untätigen Beschaulichkeit verurteilt wäre. Materialisationen<br />
beispielsweise sind notwendige Folgerungen aus der Annahme eines organisierenden Prinzips in uns 271 .<br />
Weiter sah du Prel das organisierende Prinzip als individuell - Präexistenz und Postexistenz seien Folgerungen<br />
daraus. So liegt das Leben für ihn dazwischen - als eine Materialisation. 272 Jenseits als ein Stück Diesseits, an dem<br />
nur unsere körperliche Organisation durch die Seele nicht angepasst ist. An Hartmann schrieb er, dass er an eine<br />
ewige Getrenntheit dieser ‚beiden Weltstücke’ nicht glauben könne; „in der beiderseitigen Entwicklung – sogar in<br />
einseitiger – müssen sie einander entgegenreisen“ 273 und zu einer Welt werden.<br />
„Betrachten wir die Phänomene des Okkultismus, so finden wir dieselben in der Tat nie durch eine rein<br />
geistige Kraft erzeugt, sondern alle Seelenfunktionen sind vermittelt durch eine übersinnliche Materie.<br />
[…] Das Jenseits, welches der Okkultismus aufzustellen vermag, enthält also viel genauere Bestimmungen<br />
in Bezug auf Raum, Zeit und Kausalität, als sich in der religiösen Metaphysik finden. Der Trennungsstrich<br />
zwischen Diesseits und Jenseits ist nicht räumlich gezogen, sondern durch unsere Sinne, damit aber auch<br />
der Trennungsstrich, der unsere irdische Erscheinungsform von unserem metaphysischen Wesenskern<br />
trennt. Unser zerebrales Bewusstsein weiß nichts von der inneren Wesenheit der Dinge, und unser zerebrales<br />
Selbstbewusstsein kennt nicht unseren eigenen Wesenskern. Da der Trennungsstrich nur subjektiv<br />
gezogen ist, so liegen das Diesseits und Jenseits nicht auseinander, sondern ineinander, und die jenseitige<br />
Existenz folgt nicht der diesseitigen, sondern besteht gleichzeitig mit ihr. “274<br />
In Der Tod, das Jenseits, das Leben im Jenseits (1899) schrieb du Prel:<br />
„Unser magischer Wesenskern ist schon mit dem magischen Naturganzen verschmolzen, und unbewusst<br />
gehören wir schon jetzt dem Geisterreich an. Die Entwicklung wird die unbewusste Zugehörigkeit zum<br />
Jenseits durch weitere Steigerung des biologischen Prozesses zur bewussten machen und die Verschmelzung<br />
des Diesseits mit dem Jenseits vollenden.“ 275<br />
Mit diesen Ansichten sah sich Carl du Prel dem damals vorherrschenden Materialismus konträr gegenüber stehend.<br />
Er war davon überzeugt, dass es einen Zusammenhang gab zwischen dem Anhängen an einer materialistischen<br />
Weltanschauung und den „socialen Schäden“ in der Gesellschaft, wie z. B. Verarmung, Verelendung sowie einen<br />
Niedergang der Ethik, der sich ihm in einer Steigerung der Selbstmordrate zeigte. Carl du Prel war der Ansicht, dass<br />
die Überzeugung und das Bekenntnis zu einer spiritistischen Weltansicht die Gesellschaft verändern würde. 276 Für<br />
den moralischen Fortschritt eines Menschen sei eine metaphysische (ganz gleich ob religiöse oder philosophische)<br />
Weltanschauung von grundlegender Wichtigkeit, die metaphysiklose (materialistische) Weltanschauung berge eine<br />
große Gefahr, wenn sie in die „tieferen Schichten des Volkes hinabsickert“ 277 . Wer den Menschen aufklärte über das<br />
wahre Wesen der Welt und des Menschen, und dabei das Problem der Moral umfasse, verhelfe nicht nur der Wahrheit<br />
zum Durchbruch, sondern bekämpfe auch die Sünde, die nur lebensfähig sei auf der Grundlage einer falschen<br />
metaphysiklosen Weltanschauung.<br />
271 Carl du Prel an Bartholomäus von Carneri, 9.4.1885.<br />
272 Carl du Prel an Eduard von Hartmann, 8.7.1885.<br />
273 Ebd.<br />
274 Du Prel, Carl : Der Tod, das Jenseits, das Leben im Jenseits, Selbstverlag, München 1899: S. 46 f.<br />
275 Ebd.: S. 111.<br />
276 Vgl.: Du Prel, Carl: Materialismus und Moral, in: Nachgelassene Schriften, Altmann, Leipzig 1911: S. 117.<br />
277 Ebd.: S. 122.