ZWISCHEN PHILOSOPHIE UND SPIRITISMUS
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SELBSTAUSKUNFT | 243<br />
verschiedensten Art, deren jeder für die respektiven Lebewesen eine korrespondirende Anpassungsart verlangt, die<br />
wiederum in zahllose Anpassungsspezies zerfallen kann; sondern bei der konstatirten Abhängigkeit der Vorstellungswelt<br />
von der physischen und intellektuellen Beschafftenheit der Lebewesen ist ohne Zweifel der Reichthum<br />
an subjektiv gegebenen Vorstellungswelten noch viel größer als der der objektiven Lebensschauplätze. Aus der<br />
Verschiedenheit der Lebensschauplätze folgt also: Andere Welten, andere Wesen! Aus der Verschiedenheit der<br />
Lebewesen dagegen folgt: Andere Wesen, and[e]re Welten! Ja, Wesen auf dem gleichen Lebensschauplatz können<br />
diesem in der verschiedenartigsten Weise angepaßt sein. Es sind also Wesen denkbar, die in der gleichen Welt leben<br />
wie wir, aber sie durchaus anders vorstellen, und durchaus anders darin wirken, und von denen wir nicht mehr<br />
wissen als von jenem merkwürdigen Wesen, das wir nur ausnahmsweise im Somnambulismus kennen lernen, und<br />
welches, wiewohl es uns selbst unbewußt ist, doch unser eigentlicher Wesenskern zu sein scheint. Dieses Wesen ist<br />
der Träger unserer occulten Fähigkeiten.<br />
Der Darwinismus lehrt also, daß zwei Welten in durchaus verschiedener Weise einer und der selben Welt angepaßt<br />
sein können; der Somnambulismus aber lehrt, daß ein und das selbe Wesen der Welt in doppelter und zwar so<br />
verschiedener Weise angepaßt sein kann, daß es vermöge dieser Verschiedenheit zwei Welten vorstellt, und, mit<br />
besonderer Wirkungsweise je für das Diesseits und Jenseits, in beiden gleichzeitig lebt. Der Spiritismus endlich<br />
lehrt, daß der Tod, der vom Standpunkt der einen dieser Anpassungen eine Entseelung des Körpers ist, während<br />
er sich vom Standpunkt der andern Anpassung als eine Entleibung der Seele darstellt, nur die Doppelheit dieses<br />
Verhältnisses zur Natur wieder auflöst, nicht aber das ganze Wesen.<br />
Dies also ist das Verhältniß zwischen Somnambulismus und Spiritismus: die Agenten sind in beiden gleichartig;<br />
dort wirken sie ohne den Gebrauch der Körperlichkeit, hier ohne den Besitz der Körperlichkeit, durch Kräfte und<br />
Fähigkeiten, die vorbehaltlich der Gradunterschiede wesentlich gleich sind. Der Somnambulismus ist also der abgeschwächte<br />
Spiritismus des Diesseits; der Spiritismus ist der gesteigerte Somnambulismus des Jenseits.<br />
Wenn wir dieses System des Occultismus in seine einzelnen Bestandtheile zerlegen, so zeigt sich, daß sein Abstand<br />
von den Naturwissenschaften bei weitem geringer ist, als es den Anschein hat.<br />
Es ist naturwissenschaftlich möglich, daß zwei Wesen in so verschiedenartiger Weise einer identischen Welt angepaßt<br />
sind, daß daraus ein Dualismus der subjektiven Weltbilder und Wirkungsweisen entsteht.<br />
Es ist naturwissenschaftlich möglich, daß ein Wesen in doppeltem Verhältniß zur gleichen Welt stünde, so daß es<br />
für Eindrücke je einer Wirklichkeit[s]sphäre je ein gesondertes Erkenntnißorgan hätte. Sollte zwischen diesen zwei<br />
Erkenntnißherden nur mangelhaft oder gar keine Verbindung bestehen, so wäre seine eine Wesenhälfte der andern<br />
unbewußt. Ein solches Wesen würde, ein Amphibium höherer Ordnung, zweien subjektiv getrennten Welten<br />
zugleich angehören. So gut, wie wir für unser bewußtes Leben ein Centralorgan, das Gehirm besitzen, für unser<br />
unbewußtes ein zweites, das Sonnengeflecht, so gut könnte es auch sein, daß diese beiden Hälften zusammen<br />
ihrerseits wieder nur die Hälfte unseres ganzen Wesens wären, so daß unsere übersinnliche Hälfte, das transcendentale<br />
Subjekt, seine eigene Vorstellungswelt und in dieser seinen eigenen Wirkungsmodus besäße.<br />
Es ist naturwissenschaftlich möglich, daß von zwei Anpassungsweisen und Erkenntnißherden seines Wesens der<br />
eine für kürzere, der andere für längere Zeit verliehen wäre, der eine provisorisch wäre, der andere definitiv, so daß<br />
also die eine Wesenshälfte die andere überdauern würde.<br />
Es ist naturwissenschaftlich möglich, daß zwischen dem Jenseits und Diesseits eine Verbindung eintritt, wenn<br />
damit nur subjektiv getrennte Welten bezeichnet sind, die Barriere nur vom Standpunkt eines Lebewesens gelegt