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ZWISCHEN PHILOSOPHIE UND SPIRITISMUS

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74 | CARL DU PRELS WELTBILD<br />

hen. Solange bei den Experimenten die Phänomene nicht den vom Experimentator im Voraus bestimmten Verlauf<br />

nähmen, sich also weiterhin Unerwartetes, nicht zu Erklärendes und nicht Erwartetes böten, handelte es sich für du<br />

Prel weiterhin um ‚mystische‘ Erscheinungen. Sobald aber Erwartetes und Erklärbares eintrat, wurde für du Prel aus<br />

der ‚Mystik‘ naturwissenschaftliche ‚Experimentalwissenschaft‘.<br />

Grundtenor seines geisteswissenschaftlichen Programms, was er dazu aufstellte, war seine Annahme, dass die<br />

Selbsterkenntnis des Menschen und damit auch die menschliche Erkenntnisfähigkeit überhaupt, durch die Anzahl<br />

seiner Sinne bestimmt und durch die Reizstärke, auf die die Sinne reagieren, d. h. durch seine psychophysische<br />

Empfindungsschwelle, bestimmt würden.<br />

Im Laufe der Evolution haben sich die irdischen Lebensformen allerdings fortentwickelt und demnach liege die<br />

Schwelle der Erkenntnisfähigkeit des heutigen Menschen höher, als es zu Beginn der Entwicklung von Leben der<br />

Fall gewesen sei und steigere sich, du Prels Meinung nach, weiterhin fort. Der Mensch mit seinem Selbstbewusstsein<br />

und seiner Erkenntnisfähigkeit sei daher nach wie vor etwas Unfertiges.<br />

Des Weiteren ging du Prel aber auch davon aus, dass es eine individuelle Beweglichkeit der Empfindungsschwelle<br />

gebe, die sich im verändere könne. Ein Beweis dafür sei unser Traumleben. Am auffälligsten zeige sich dieses bei<br />

Sensitiven im somnambulen Zustand. Im Somnambulismus zeige sich für ihn die entwickeltere Existenzweise<br />

unseres Ichs der Zukunft an. Bisher zeige sie sich aber nur in wenigen Ausnahmefällen und lasse sich nur als Ausnahmezustand<br />

andeutungsweise bei einigen Menschen erkennen und die damit verbundene Weiterentwicklung<br />

erahnen. Der somnambule Zustand war für du Prel das Hineinreichen des menschlichen Wesens und in die jenseitige<br />

Geisterwelt. Im Jenseits wirkten die normalen Kräfte der Verstorbenen und die abnormen Kräfte des irdischen<br />

Menschen im Somnambulismus.<br />

Ähnlich unterschiedlich gebrauchte du Prel den Begriff ‚Spiritismus‘: einmal verstand er unter ‚Spiritismus‘ das<br />

Pendant zum Somnambulismus: während Spiritismus das Hineinragen der Geisterwelt in die unsere meine, verhält<br />

es sich beim Somnambulismus umgekehrt: das Herausragen der unseren in die Geisterwelt.<br />

Zum anderen verstand du Prel unter Spiritismus eine Wissenschaft die ‚tatsächliche‘ Erscheinungen der Natur beobachtet,<br />

feststellt und für die Philosophie verwertet. Die Erscheinungen ließen sich durch Hypnose bzw. hypnotische<br />

Suggestion von Personen herbeiführen, die in einen somnambulen Zustand versetzt werden. Für du Prel führte der<br />

Hypnotismus zum Somnambulismus und der Somnambulismus zum Spiritismus.<br />

Des Weiteren verstand du Prel unter Spiritismus oft all das, was von Karl Kiesewetter (1854-1895), Autor von der<br />

Geschichte des neueren Occultismus (Friedrich, 1891), ‚Okkultismus‘ genannt wurde und heute meist mit ‚Parapsychologie‘<br />

bezeichnet wird. Als vierte Bedeutung war der Spiritismus für du Prel der Begriff für eine monistische Weltanschauung.<br />

Der Spiritualismus dagegen eine dualistische, in der die Seele dem Körper gegenüber steht und nicht<br />

- wie beim Spiritismus - den Körper schafft. Im monistischen Spiritismus ist die Seele nicht nur Träger des Denkens,<br />

Fühlens, Wollens, Empfindens und Vorstellens sondern auch des produktiven Schaffens, d.h. des ‚Organisierens‘ des<br />

Körpers. Außerdem: sei der Spiritualistisch dogmatisch, da er wie der Materialismus das Objekt (den Menschen und<br />

sein Selbstbewusstsein) als gegeben und das Organ als fertiges ansehe. 270<br />

Für du Prel erfordert jede Kraft einen Träger, so erfordern auch die Seelenkräfte einen solchen. Die Seele kann zwar<br />

leben ohne den materiellen Körper, aber nicht ohne einen übersinnlichen ‚Leib‘. Erst durch diesen erhält sie die<br />

270 Du Prel, Carl: Entdeckung der Seele durch die Geheimwissenschaften, 2te Aufl., 1910: S. IV.

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