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ZWISCHEN PHILOSOPHIE UND SPIRITISMUS

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ich aber, da Hübbe-Schleiden mich darum ersuchte, schon vorher in Form einer Tiefquart an die ‚Sphinx’<br />

gesendet. Andrerseits glaubte ich die Gelegenheit, in der gelesensten Berliner Zeitschrift für den Spiritismus<br />

eine Lanze einzulegen, nicht versäumen zu sollen, daher ich meine russische Vorrede unter dem Titel<br />

‚Wie ich Spiritist geworden bin’ unter Hinweglassung des hier als Manuscript Beiliegenden einsendete. Die<br />

‚Zukunft’ wird noch einen weiteren Aufsatz bringen, worin dringend von Prof. Büchner auf die Mailänder<br />

Sitzungen verweist.“ 462<br />

| 115<br />

Das war der Beginn einer neuen Quelle für Möglichkeiten, Menschen für seinen Spiritismus zu gewinnen. Die<br />

Zukunft wurde für du Prel in seinen letzten Lebensjahren zum wichtigsten Organ zur Verbreitung seiner Ideen. In<br />

sechs Jahren brachte er es auf eine für seine Verhältnisse beträchtliche Anzahl von einundzwanzig zum Teil sehr<br />

großer und ausführlicher Aufsätze. 463 Nimmt man die Auflagenzahl von um die 20.000, so ergibt sich damit zumindest<br />

ein weiteres Mal, dass die mögliche Verbreitung seiner Gedanken unter deutschen Bildungsbürgern, dem Adel,<br />

dem Militär und den Beamten relativ groß war. Und dass mit solchen Artikeln sicher mehr Aufsehen erregt werden<br />

konnte als mit den Artikeln in Zeitschriften wie der Sphinx, die nur über einen geringen Bruchteil an Abonnenten<br />

im Vergleich zu Die Zukunft verbuchen konnte.<br />

Die Gesellschaft hingegen war mit ihrem Begründer Michael Georg Conrad (1846–1927) eine Reaktion auf die, wie<br />

die Redaktion es in ihrer Einführung zur ersten Ausgabe selbst nennt „herrschenden jammervollen Verflachung<br />

und Verwässerung des litterarischen, künstlerischen und sozialen Geistes.“ Sie wollten dem „starke, mannhafte<br />

Leistungen entgegensetzen, um die entsittlichende Verlogenheit […] wirksam zu bekämpfen.“ 464 Die Gesellschaft<br />

sollte „ein Organ des ganzen, freien, humanen Gedankens, des unbeirrten Wahrheitssinnes, der resolut realistischen<br />

Weltauffassung“ 465 werden. Unter Mithilfe kritischer „berufener Fachmänner“ sollte „auf die beliebte Instituts- und<br />

Pensions-Erziehung“ hingewiesen werden.<br />

„Die Kulturlügner mögen sich auf interessante Entschleierungen gefaßt machen. […] Unsere ‚Gesellschaft’<br />

wird sich zu einer Pflegestätte jener wahrhaften Geistesaristokratie entwickeln, welche berufen ist, in der<br />

Litteratur, Kunst und öffentlichen Lebensgestaltung die oberste Führung zu übernehmen.“ 466<br />

Es klingen hier deutliche Kritiken am Bildungsduktus und der Bildungsbeflissenheit des wilhelminischen Kaiserreiches<br />

an, aber auch an dem, was als für bildungsrelevant gehalten wurde. Hier sollte auf hohem Niveau experimentiert<br />

werden und neuen Strömungen und der Avantgarde, die ernsthafte Ideen für eine neue gesellschaftliche und<br />

bildnerische Zukunft vermitteln wollten, ein Forum gegeben werden.<br />

Conrad gründete im Jahre 1891 die einflussreiche literarische Gesellschaft für modernes Leben in München. In die-<br />

462 Carl du Prel an Alexander Aksakow, 1.3.1893.<br />

463 Es handelte sich um die Aufsätze: Wie ich Spiritist geworden bin (1893); Das Fernsehen als Experiment (1893); Die Wünschelrute<br />

(1893); Die Experimentalpsychologie der Zukunft (1893); Nekromantie in München (1894); Okkultismus und Anarchismus (1894);<br />

Das Rätsel der Kometen (1894); Die sympathetische Kurmethode (1894); Der Prozeß Czynski (1894); Philosophie der Geschichte<br />

(1894); Das Stigma (1895); Das Tischrücken als physikalisches Problem (1895); Das Traumorakel (1895); Das Versehen I u II<br />

(1895); Kant und Swedenborg (1896); Menschenzüchtung (1896); Röntgens Strahlen und der Okkultismus (1896); Maurier; Svengali<br />

(1897); Der Astralleib I u II (1897); Gravitation und Levitation (1898); Das Räthsel der Schwerkraft (1898); siehe Bibliografie<br />

im Anhang dieser Arbeit.<br />

464 Vgl. Conrad, Michael Georg: Zur Einführung, in: Die Gesellschaft, herausgegeben von Michael Georg Conrad, 1. Jg. 1885: S. 1.<br />

465 Ebd.<br />

466 Vgl. ebd.: S. 2.

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