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DAS GRÖSSTE FACHMAGAZIN FÜR ÖSTERREICHS GEMEINDEN

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Kommunale Wirtschaft<br />

Daseinsvorsorge – In kleinen Schritten vorwärts?<br />

Ist „öffentlich“ gleich<br />

„nicht rentabel“?<br />

Die allgemeine und diskriminierungsfreie Zugänglichkeit von Dienstleistungen von allgemeinem<br />

wirtschaftlichem Interesse ist eines der Kennzeichen des europäischen<br />

Sozialmodells und unterscheidet Europa von anderen großen Wirtschaftsräumen (USA,<br />

Südostasien, Japan). Ob das in Gefahr ist, zeigt KOMMUNAL.<br />

◆ Dr. Caspar Einem<br />

Europas spezifische Versorgungskonzeption<br />

ist ständig durch die Binnenmarktlogik<br />

der EU und die darauf aufbauende<br />

Judikatur des Europäischen Gerichtshofs<br />

(EuGH) gefährdet.<br />

Derzeit ist die entscheidende Rechtsgrundlage<br />

Artikel 16 des Vertrages über<br />

die Europäische Gemeinschaft (EGV). Er<br />

ist geradezu kennzeichnend für die Zerrissenheit<br />

des europäischen Rechts zwischen<br />

Daseinsvorsorge und Wettbewerbsorientierung<br />

und bietet daher keinen<br />

hinreichenden Schutz für den Bestand<br />

der Daseinsvorsorgeleistungen in der EU<br />

und in Österreich.<br />

Worin besteht die Wettbewerbsorientierung<br />

und warum ist sie problematisch?<br />

Dort, wo Güter und Dienstleistungen privatwirtschaftlich<br />

erbracht und über den<br />

Markt verkauft werden, ist zweifellos<br />

geregelter und fairer Wettbewerb im<br />

Interesse der Konsumenten, namentlich<br />

der schwächeren unter ihnen. Der Wettbewerb<br />

bringt es aber mit sich, dass die<br />

Versorgung der wirtschaftlich schwäche-<br />

◆ Dr. Caspar<br />

Einem ist Präsident des Verbandes der<br />

Öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft<br />

Österreichs (VÖWG)<br />

24 KOMMUNAL<br />

ren oder der regional entfernteren<br />

Abnehmer oftmals nicht rentabel ist. Sie<br />

laufen dann Gefahr, gar nicht versorgt zu<br />

werden. Das ist der Grund, warum demokratisch<br />

legitimiert Gebietkörperschaften<br />

derartige Leistungen entweder selbst<br />

erbringen oder bestimmte Leistungsträger<br />

mit der Erbringung beauftragen, um<br />

sicher zu stellen, dass eben alle Bürgerinnen<br />

und Bürger zu vertretbaren Preisen<br />

und diskriminierungsfrei versorgt werden.<br />

Wo ist das Problem der<br />

Daseinsvorsorge?<br />

Das Problem für die Daseinsvorsorge<br />

besteht darin, dass im Gegensatz zum<br />

Buchstaben der<br />

Europäischen Verträge,<br />

der festlegt,<br />

dass die EU gegenüber<br />

den unterschiedlichenEigentumsformen<br />

neutral ist,<br />

tatsächlich stets der<br />

Verdacht gehegt wird,<br />

dass Leistungen, die<br />

öffentlich erbracht<br />

und/oder finanziert<br />

werden, nicht gleich<br />

effizient sein können,<br />

wie privat und im<br />

Wettbewerb<br />

erbrachte. Und dieser<br />

Verdacht drückt sich<br />

in der Judikatur des<br />

EuGH aus und engt den Spielraum für<br />

die Daseinsvorsorge immer mehr ein.<br />

Im sog. Verfassungskonvent (2002/03)<br />

Das Problem für die<br />

Daseinsvorsorge besteht<br />

darin, dass ... tatsächlich<br />

stets der Verdacht gehegt<br />

wird, dass Leistungen, die<br />

öffentlich erbracht<br />

und/oder finanziert werden,<br />

nicht gleich effizient sein<br />

können, wie privat und im<br />

Wettbewerb erbrachte.<br />

wurde versucht, „die allgemeine und diskriminierungsfreie<br />

Zugänglichkeit von<br />

Dienstleistungen von allgemeinem (wirtschaftlichem)<br />

Interesse“ unter die Ziele<br />

der Union (Artikel I 3 des Verfassungsvertrages)<br />

einzureihen. Dieser Versuch ist am<br />

Präsidenten des Konvents und vermutlich<br />

am britischen Widerstand gescheitert.<br />

Gelungen ist allerdings eine Bestimmung<br />

in Teil III des Verfassungsvertrages unter<br />

den „Allgemein anwendbaren Bestimmungen“,<br />

die es erlaubt hätte, eine<br />

gesetzliche Abgrenzung zwischen Wettbewerbsgebot<br />

auf der einen und Daseinsvorsorgegebot<br />

auf der anderen Seite vorzunehmen.<br />

Nur so hätte man dem EuGH<br />

Grenzen setzen können. In der Regierungskonferenz<br />

ist dann noch eine weitere<br />

Verbesserung gelungen, indem die<br />

Zuständigkeit der<br />

Mitgliedstaaten,<br />

„diese Dienste im Ein-<br />

klang mit der Verfassung<br />

zur Verfügung<br />

zu stellen, in Auftrag<br />

zu geben und zu<br />

finanzieren“, auch in<br />

diesem Artikel (Artikel<br />

III 122) festgelegt<br />

wurde. Diese Bestimmung,<br />

insbesondere<br />

wenn sie im Zusammenhang<br />

mit Artikel I<br />

5 gelesen wird, der<br />

die Achtung der<br />

Union für die verfassungsrechtlicheStruktur<br />

der Mitgliedstaaten<br />

„einschließlich der regionalen und<br />

kommunalen Selbstverwaltung“ zum<br />

Gegenstand hat und mit Artikel II 96, der

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