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DAS GRÖSSTE FACHMAGAZIN FÜR ÖSTERREICHS GEMEINDEN

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Recht & Verwaltung<br />

Gesundheitsgefährdung bei der Wasserversorgung<br />

Doppelte Haftungsfalle<br />

Bleirohre<br />

Sowohl bei der Trinkwasserversorgung als auch als Vermieterin kann die Gemeinde Haftungsansprüchen<br />

wegen der Gesundheitsgefährdung durch bleihaltige Wasserrohre<br />

ausgesetzt sein. In welchen Fallkonstellationen wurde diese Haftung bereits schlagend,<br />

wo ergeben sich zusätzliche Gefährdungspotenziale?<br />

◆ a.o. Univ.-Prof. Mag. Dr. Andreas Vonkilch<br />

In einer Entscheidung des OGH (OGH<br />

4. 4. 2006, 1 Ob 256/05m) wurde<br />

jüngst die Haftung einer Gemeinde<br />

bejaht, wenn sie es im Rahmen der<br />

öffentlichen Trinkwasserversorgung<br />

unterlässt, für die Abwehr jener<br />

Gesundheitsgefahren zu sorgen, die<br />

von Bleileitungen ausgehen<br />

können. Im Folgenden<br />

werden<br />

zunächst die Kernaussagen<br />

der Entscheidung<br />

sowie die aus<br />

ihr resultierenden<br />

finanziellen Konsequenzen<br />

dargestellt.<br />

Dass diese Konsequenzen<br />

die konkrete<br />

Gemeinde im Anlass -<br />

fall nicht in vollem<br />

Umfang getroffen<br />

haben, resultierte bloß aus den<br />

Umständen des Einzelfalls: der OGH<br />

bejahte bezüglich des von der Klägerin<br />

geltend gemachten Schmerzengelds<br />

◆ A.o. Univ.-Prof. Mag. Dr. Andreas<br />

Vonkilch ist am Institut für Zivilrecht<br />

der Universität Wien tätig.<br />

28 KOMMUNAL<br />

Abzuraten ist einer<br />

Gemeinde von einem<br />

Zuwarten mit der<br />

Aufarbeitung der<br />

Bleirohr-Problematik in<br />

ihren Miethäusern.<br />

das Zustandekommen eines Vergleichs ,<br />

der sich für die beklagte Gemeinde im<br />

nachhinein als sehr günstig herausstellte.<br />

Konkret waren von der<br />

Gemeinde aufgrund des Vergleichs nur<br />

ca. 7300 Euro an Schmerzensgeld zu<br />

leisten, und nicht – wie von der Klägerin<br />

(dem Grunde nach<br />

grundsätzlich wohl<br />

berechtigt, aber auf-<br />

grund des Vergleichs<br />

„zu spät“) in weiterer<br />

Folge geltend gemacht<br />

– ca. 138.000 Euro.<br />

Darüber hinaus kann in<br />

Hinblick auf die Thematik<br />

„Bleirohre“ nicht<br />

allein schon deswegen<br />

Entwarnung gegeben<br />

werden, weil das<br />

öffentliche Wasserversorgungsnetz<br />

bereits dem Stand der<br />

Technik angepasst wurde. Im Hinblick<br />

auf die weit verbreitete Rolle von<br />

Gemeinden als private Wohnungsvermieter<br />

ist es nämlich keineswegs ausgeschlossen,<br />

dass es aufgrund des Inkrafttretens<br />

der Wohnrechtsnovelle 2006<br />

(WRN 2006) mit 1. 10. 2006, zu einem<br />

zweiten Akt des (auch finanziellen)<br />

Dramas „Die Gemeinde und das Bleirohr“<br />

kommt. So fungiert etwa die<br />

Gemeinde Wien als Vermieterin von ca.<br />

220.000 Gemeindewohnungen.<br />

Haftung wegen mangelhafter<br />

Wasserversorgung<br />

Im Anlassfall war Folgendes passiert:<br />

Aufgrund des Vorhandenseins eines<br />

fünf bis sechs Meter langen Bleirohrs<br />

unmittelbar vor dem Haus der Klägerin<br />

(aber immer noch im Bereich der<br />

öffentlichen Wasserleitung), dessen Existenz<br />

der Gemeinde seit 1952 bekannt<br />

war, kam es nach Entnahmepausen zu<br />

einer Bleibelastung des Trinkwassers<br />

im Haus der Klägerin im Umfang von<br />

60 bis 110 Mikrogramm pro Liter 1 . Aus<br />

diesem Grund hatte sich die Klägerin<br />

1 Zum Vergleich: Die WHO meint, dass nur<br />

ein Grenzwert von 10 Mikrogramm pro Liter<br />

alle Bevölkerungsgruppen sicher vor Gesundheitsschäden<br />

schützt. Sie geht dabei von<br />

einem ca. 5 kg schweren Säugling aus, der<br />

durchschnittlich pro Tag einen dreiviertel<br />

Liter Wasser trinkt. Dieser Grenzwert liegt<br />

auch der EU-Trinkwasserrichtlinie vom 16.<br />

10. 1997 zugrunde. In Umsetzung dieser<br />

Richtlinie muss Österreich den Grenzwert ab<br />

1. 12. 2003 auf 25 Mikrogramm pro Liter<br />

und ab 1. 12. 2013 auf den WHO-Wert von<br />

10 Mikrogramm pro Liter senken. Gemäß § 3<br />

Abs 1 der Trinkwasserverordnung vom 21. 8.<br />

2001, BGBl II 2001/304, muss Wasser geeignet<br />

sein, ohne Gefährdung der menschlichen<br />

Gesundheit getrunken oder verwendet zu<br />

werden, und den in Anhang I Teil A und B<br />

festgelegten Mindestanforderungen entsprechen.<br />

Teil A Anhang I sieht für Blei ebenfalls<br />

einen Grenzwert von 10 Mikrogramm pro<br />

Liter vor. Aus Anmerkung 4 ergibt sich, dass<br />

dieser Wert spätestens ab 1. 12. 2013 einzuhalten<br />

ist, er bis 1. 12. 2003 50 Mikrogramm<br />

pro Liter und für den Zeitraum 1. 12. 2003<br />

bis 1. 12. 2013 25 Mikrogramm pro Liter<br />

beträgt. Gemäß Anmerkung 3 ist die Probe in<br />

der Weise zu entnehmen, dass sie für die<br />

durchschnittliche wöchentliche Wasseraufnahme<br />

repräsentativ ist.

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