Dekonstruktion von Zweigeschlechtlichkeit - anita.a.mörth
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historische Entstehung der <strong>Zweigeschlechtlichkeit</strong> und der Heterosexualität einen weiteren<br />
Schritt zum Verständnis <strong>von</strong> Geschlecht als einer konstruierten (Struktur- bzw. Prozess-)<br />
Kategorie darstellen. Durch den Beleg der historischen Wandelbarkeit des Begriffs und damit<br />
der Realitäten wird das Veränderungspotential für Kategorien sichtbar.<br />
SEX und GENDER<br />
Ende der 1960er Jahre wurde in der US-feministischen Debatte die theoretische Konzeption<br />
des Sex/Gender-Systems beruhend auf der Trennung <strong>von</strong> Sex als biologischem Geschlecht<br />
und Gender als kulturellem Geschlecht entwickelt und bildete somit die Gegenposition zu<br />
jener Position, die da<strong>von</strong> ausgeht, dass das kulturelle Geschlecht mit all seinen<br />
Zuschreibungen aus einer natürlichen biologischen und grundlegenden Unterscheidung<br />
zwischen Mann und Frau hervorgeht. Intention war es, dem vorherrschenden<br />
Erklärungsmuster, Frauen käme schlussfolgerichtig - also aus dem biologischen Unterschied<br />
resultierend - deren inferiore Position zu, die Grundlage zu entziehen.<br />
1975 wurde <strong>von</strong> Gayle Rubin das Sex/Gender-System als Organisationsprinzip der<br />
Gesellschaft eingeführt (vgl. Wartenpfuhl 2000:18). In ihrer Ausführung begründet dieses<br />
Prinzip die zweigeschlechtliche und heterosexuelle Ausprägung <strong>von</strong> Gesellschaften und<br />
beschreibt den sozialen Produktionsprozess <strong>von</strong> Geschlecht (vgl. Wartenpfuhl 2000:18f).<br />
In den folgenden Jahrzehnten wurden diese Begriffe <strong>von</strong> unterschiedlichen AutorInnen und<br />
in unterschiedlichen theoretischen Strömungen neu- und umdefiniert. Vor allem Judith<br />
Butlers Neudefinition dieser Begriffe sorgte nach 1991 für kontroversielle Debatten. Sie<br />
beschreibt, dass sowohl das kulturelle als auch das biologische Geschlecht diskursiv<br />
entstanden sind bzw. ständig hervorgebracht werden und führt beide Begriffe als sich<br />
gegenseitig bedingend und herstellend (nach der vorhergegangenen theoretischen Trennung<br />
dieser Begrifflichkeiten) wieder zusammen. Das soziale Geschlecht entsteht also nicht aus<br />
dem oder auf der Grundlage des biologischen Geschlechts, denn das biologische Geschlecht<br />
versteht sie ebenso wie Gender als kulturell produziert. Für sie gibt es den Körper nicht vor<br />
dem sozialen Geschlecht. Das soziale Geschlecht entsteht nach Butler, u. a. in der Folge<br />
Foucaults, diskursiv als komplexer Prozess zwischen institutionellen Zwängen,<br />
Alltagspraktiken und Sprache. Für Butler ist Gender ein Akt, da es "eine[r] wiederholte[n]<br />
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