Dekonstruktion von Zweigeschlechtlichkeit - anita.a.mörth
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Ständig werde abnormales Verhalten erforscht, doch niemand frage danach, warum sich<br />
Frauen wie Frauen und Männer wie Männer verhalten, kleiden wollen, sich als solche fühlen<br />
und was sich dem Geschlecht entsprechend Verhalten und Fühlen ausmacht.<br />
Ein wesentlicher Aspekt in Katz' Forschung ist die Berücksichtigung der Nichtanwendbarkeit<br />
gegenwärtiger Begriffe und Konstruktionen auf die Vergangenheit. Dies zu tun würde<br />
Veränderungen und Unterschiede ausblenden. So kann z.B. nicht da<strong>von</strong> gesprochen werden,<br />
dass es bereits im antiken Griechenland Homosexualität gab, da zu diesem Zeitpunkt ein<br />
grundlegend anderes Verständnis <strong>von</strong> Sexualität vorherrschte (Grenzen wurden anders(wo)<br />
als heute gezogen, es ging nicht um die Trennung hetero-/homosexuelles Begehren, sondern<br />
um Lust, die Lust am Schönen, egal ob Mann oder Frau), so können auch den<br />
Frauenfreundschaften zu Anfang des 19. Jahrhunderts nicht unsere gegenwärtigen Konzepte<br />
übergestülpt werden, sondern diese müssen als Kontinuum verstanden werden. Die<br />
Trennung homo-/heterosexuell sei unpassend, da diese Begrifflichkeiten (und für Katz<br />
besteht eine Wechselwirkung zwischen Begriffen und Handlungen) zum damaligen Zeitpunkt<br />
inexistent waren.<br />
"I'll suggest that heterosexuality is not identical to the reproductive intercourse of the sexes;<br />
heterosexuality is not the same as sex distinctions and gender differences; heterosexuality does not equal<br />
the eroticism of women and men. Heterosexuality, I argue, signifies one particular historical arrangement of<br />
the sexes and their pleasures." (Katz 1996:14)<br />
2.2.1. Die Installierung der Homosexualität<br />
Im 17./18. Jahrhundert war Lust an sich verpönt und gleichgeschlechtliches Begehren galt<br />
als eine sündige Grundanlage des Menschen. Mitte/Ende des 19. Jahrhunderts gab es nur<br />
eine Form des Begehrens: das Gegengeschlechtliche. Männer, die Männer begehrten,<br />
wurden zwar als konträr zum Normalen verstanden, durch die angenommene Angeborenheit<br />
dieser Anlage galt solch ein Begehren jedoch als natürlich. Der Ende des 19. Jahrhunderts<br />
aufkommende Begriff 'Normalsexualität' wies den Weg zur Installierung <strong>von</strong><br />
gegengeschlechtlicher Sexualität als Norm, teilte die Menschen aber noch nicht in gute und<br />
schlechte Menschen, da viele Arten der unlauteren sexuellen Handlungen bei<br />
gegengeschlechtlich veranlagten Menschen bekannt waren. Mit der Bezeichnungspraxis<br />
'invertiert' in medizinisch-psychologischen Veröffentlichungen begann die Zeit, in der <strong>von</strong> der<br />
heterosexuellen Neigung als dem Normalen und der homosexuellen Neigung als dem<br />
Abnormalen ausgegangen wurde.<br />
Der Begriff Homosexualität ist Ende des 19. Jahrhunderts (kurz vor der ersten<br />
Dokumentation <strong>von</strong> Heterosexualität) erstmals schriftlich dokumentiert, Anfang des 20.<br />
Jahrhunderts sprachgebräuchlich und somit als Konzept verwendet worden. Beide Begriffe<br />
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