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Dekonstruktion von Zweigeschlechtlichkeit - anita.a.mörth

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erst später als etwas unvergleichbar anderes. Trotz der damals zunehmenden Verwendung<br />

des Körpers als Grundlage für das Geschlecht, den Geschlechtsunterschied, wurde die<br />

Trennungslinie zwischen Mann und Frau nicht schärfer, sondern im Gegenteil, verwaschener.<br />

Die Entstehung des biologischen Geschlechts als Differenzierungsgrundlage geht laut<br />

Laqueur mit dem Versuch einher, die weibliche Lust (i. e. den Orgasmus der Frau per se und<br />

als Bedingung für Empfängnis) auszulöschen. Die medizinische Entdeckung der Nicht-<br />

Erforderlichkeit des weiblichen Orgasmus für eine Empfängnis, ergab die "Möglichkeit<br />

weiblicher Passivität und Leidenschaftslosigkeit" (Laqueur 1992:15). Die anbrechende Sicht<br />

der Unvergleichbarkeit <strong>von</strong> Männern und Frauen in biologischer Hinsicht zeigt sich in der<br />

Erfindung eigener Worte für weibliche Geschlechtsorgane, die zuvor mit den selben Wörtern<br />

wie jene für männliche bezeichnet wurden. Es vollzog sich ein Wechsel <strong>von</strong> graduellen<br />

Unterschieden zu einer Grundverschiedenheit, die in Folge an allen physiologischen<br />

Merkmalen erkannt werden wollte. (vgl. Laqueur 1992:10ff)<br />

Wenn nun auch die Entwicklung ab dem 18. Jahrhundert, bei der Laqueur <strong>von</strong> einem "Modell<br />

eines radikalen Dimorphismus und der biologischen Verschiedenheit" (Laqueur 1992:18)<br />

spricht, als erstmals auftretende Abwertung der Frau erscheinen mag, so muss konstatiert<br />

werden, dass auch vor diesem Verständnis der sich ausschließenden Verschiedenheit eine<br />

Wertung zuungunsten der Frauen vorlag, denn "(...) eine Anatomie und Physiologie der<br />

Unvergleichlichkeit [tritt] an die Stelle einer Metaphysik der Hierarchie." (Laqueur 1992:18)<br />

Die Weiterentwicklung dieses Verständnisses zeigte sich im 19. Jahrhundert an der<br />

Proklamation, dass die radikalen Unterschiede zwischen den zwei Geschlechtern sich nicht<br />

nur auf physiologischer Ebene, sondern auch auf mikroskopischer Ebene zeigten. Der<br />

grundsätzliche Unterschied, fest in der Natur verankert, dient als Beleg für die den Frauen<br />

zugeschriebenen Eigenschaften wie Passivität, Trägheit, Schwachheit etc. Die biologische<br />

Sicherheit der zwei grundverschiedenen Geschlechter legt diese in Rollen des politischen,<br />

kulturellen und gesellschaftlichen Lebens fest, obwohl der Zusammenhang der biologischen<br />

Differenzen mit kulturellen Rollen nicht erklärt bzw. belegt werden kann.<br />

Laqueur - die Schwierigkeiten berücksichtigend, die sich ob unserer fixen und gesicherten<br />

Vorstellung eines abgeschlossenen, unsere Sozialität determinierenden biologischen Körpers<br />

stellen - versucht Texte <strong>von</strong> der Antike bis zur Aufklärung in deren Entstehungskontext zu<br />

analysieren, ohne Darstellungen aus jenen Zeiten mit dem heutigen 'Wissensstand'<br />

ahistorisch und unwissenschaftlich zu überlagern. Aus diesen Analysen ergibt sich für ihn,<br />

dass damals "das biologische Geschlecht (Sex), oder der Leib, als das Epiphänomen<br />

verstanden werden muss, während das soziale Geschlecht (Gender), das wir als kulturelle<br />

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