Dekonstruktion von Zweigeschlechtlichkeit - anita.a.mörth
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Was ich zu Ihrer Formulierung „Geschlecht de-thematisieren" assoziiere, geht am ehesten in Richtung<br />
einer Dezentrierung <strong>von</strong> feministischen (feminismustheoretischen, frauenbewegungspolitischen)<br />
Ansätzen. Ich gehe nicht mehr so selbstverständlich wie früher <strong>von</strong> m/einer feministischen Position<br />
aus, wenn ich „weitere" Theoreme in eine Darstellung (mit) aufnehme. Es scheint mir zwar<br />
weitgehend unumgänglich, <strong>von</strong> einer Position zu „starten", auch wenn die Perspektive transdisziplinär,<br />
trans-kategoriell, trans-ident o.ä. ist, und <strong>von</strong> feministischen Handlungs- und<br />
Denkansätzen verstehe ich immer noch weit mehr als <strong>von</strong> allem anderen, aber, wie gesagt, ich<br />
beginne, hier meine eigene Selbstverständlichkeit zu demontieren. In LV-Situationen bleibt es mir<br />
trotzdem oft wichtig, meinen Frauenbewegungsbackground zu benennen und manchmal zu<br />
affirmieren. Auch, sozusagen: unentschieden zu halten, was das Zeichen „Frauenbewegung(s-tante)"<br />
bedeutet. (Dies wäre eine weitere mögliche Antwort auf Ihre Frage 4: Es gibt in meinen LVs m/eine<br />
Selbstbezeichnung als „feministisch" und „lesbisch" und „queer" und „auch-wieder-nicht", und dies<br />
meist in einem Mix, der durchaus darauf angelegt ist, die Studierenden ein wenig zu irritieren; sie auf<br />
ihre eigenen Stereotype zu verweisen.)<br />
6) Könnte ein Ignorieren des Themas Geschlecht inklusive seiner Unterthemen (Hierarchie, Macht,<br />
etc.) zur Auflösung der binären Geschlechterverhältnisse beitragen? Wenn ja, warum?<br />
Gesellschaftliche (und) globale Gewaltverhältnisse, Herrschafts- und Macht-„Effekte" auflösen durch<br />
Ignorieren?? Das erschiene mir doch sehr naiv.<br />
7) Welche theoretischen Ansätze berücksichtigen tatsächlich andere Kategorien als Geschlecht<br />
(ethnische Herkunft, Klasse etc.) und bleiben nicht nur bei der Erwähnung der Notwendigkeit diese zu<br />
berücksichtigen?<br />
Meinen Sie hier, welchen theoretische Ansätze Geschlecht UND zugleich andere Kategorien<br />
berücksichtigen? (Um „andere Kategorien als Geschlecht" geht es ja in sehr vielen Theorien.)<br />
Doch, ich finde schon, dass im Überschneidungsbereich <strong>von</strong> feministischen mit postkolonialen<br />
Analysen vielfach ein Zusammenführen <strong>von</strong> geschlechtlicher Positionierung, sexueller Identifikation,<br />
geographischer Verortung, ethnischer Zuordnung, ökonomischen bzw. Klassen-Markierungen (etc.)<br />
versucht wird. Denken Sie prototypisch etwa an Entwürfe zum „mestíza consciousness" in<br />
Weiterführungen <strong>von</strong> Anzaldúa. Oder auch an vieles, was unter „Third World Feminism" und seinen<br />
Einwürfen gegen westliche Dominanzfeminismen rubriziert wurde, also etwa Mohanty oder Trinh T.<br />
Minh-Hà. Spivak ohnedies.<br />
Noch traditionsreicher vielleicht race-class-sex-gender zusammenführende Analysen, auch im Bereich<br />
der Repräsentationskritik, wie m.E. ziemlich vorbildlich Valerie Smith’s „not just race not just gender".<br />
Weiters die mit dem (und am) Begriff „intersectionality" arbeitenden Autorinnen wie Patricia Hill<br />
Collins oder Kimberlé Crenshaw. Und einiges mehr dann auch im Umfeld der Critical Whiteness<br />
Studies, wo ja kaum noch jemand „nicht-intersektionell" vorgeht.<br />
8) Ist eine solche Berücksichtigung weiterer Kategorien dem Entkommen der binären Verfasstheit <strong>von</strong><br />
Geschlecht dienlich? Wenn ja, verwenden Sie eine solche Strategie in der Praxis, und wie sieht diese<br />
konkret aus?<br />
Grundsätzlich würde ich nicht sagen, dass ich ein „Entkommen" aus der „binären Verfasstheit <strong>von</strong><br />
Geschlecht" als ein vorrangiges Ziel meiner Lehre oder auch meiner eigenen Forschungen setze. Eher<br />
denn Entkommen wohl Attackieren, Unterlaufen, Zerstören - aber jedenfalls nicht nur eine<br />
„Verfasstheit", sondern doch globale Herrschafts-und Machtverhältnisse?<br />
Aber: doch, ja, siehe oben, ich bemühe mich um „intersektionelles" Forschen und Lehren, also um die<br />
gleichzeitige Arbeit an möglichst vielen gesellschaftlichen Markierungen <strong>von</strong> Differenz.<br />
9) Stellt GenderMainstreaming eine Chance dar, und worin sehen Sie das Potential einer solchen<br />
Strategie?<br />
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