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Dekonstruktion von Zweigeschlechtlichkeit - anita.a.mörth

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Kategorie auffassen würden, primär oder 'real' war." (Laqueur 1992:209) Das biologische<br />

Geschlecht war also zweitrangig - entscheidend war die soziale Stellung, die eine Person<br />

einnahm, sowie Mann oder Frau zu sein nicht auf biologische Merkmale reduziert bzw. auf<br />

diese zurückgeführt wurde. "Vor dem 17. Jahrhundert war der Sexus noch eine soziologische<br />

und keine ontologische Kategorie." (Laqueur 1992:21)<br />

Auf die Annahme hin, die medizinischen Erkenntnisse der Aufklärung hätten zu dieser<br />

grundlegenden Veränderung des Verständnisses <strong>von</strong> Mann und Frau geführt, behauptet<br />

Laqueur, dass diese Entwicklung aus einer politischen und erkenntnistheoretischen<br />

Entwicklung entstand, die <strong>von</strong> medizinischen Erkenntnissen nur gestützt und nicht - wie weit<br />

verbreitet angenommen - begründet wurde. Die Abwendung <strong>von</strong> der Sichtweise, der Körper<br />

sei Mikrokosmos der größeren Weltordnung, habe dazu geführt, dass Geschlecht "als<br />

biologische Grundlage dessen, was es heißt, Mann oder Frau zu sein" (Laqueur 1992:23)<br />

verstanden wird.<br />

"Soziale und politische Veränderungen sind jedoch aus sich selbst heraus keine Erklärungen für die neue<br />

Deutung der Körper. Der Aufstieg des Protestantismus, die politische Theorie der Aufklärung, die Ausbildung<br />

neuer Räume der Öffentlichkeit während des 18. Jahrhunderts, Lockes Vorstellungen <strong>von</strong> der Ehe als einem<br />

Vertrag, die kataklysmischen Möglichkeiten sozialen Wandels, welche die Französische Revolution mit sich<br />

brachte, postrevolutionärer Konservatismus, postrevolutionärer Feminismus, das Fabriksystem mit seiner<br />

Neustrukturierung der geschlechtsbezogenen Arbeitsteilung, das Entstehen einer freien Marktwirtschaft in<br />

Dienstleistungen und Waren, die Herausbildung <strong>von</strong> Klassen - man nehme es einzeln oder zusammen:<br />

nichts da<strong>von</strong> hat die Entstehung eines neuen, geschlechtsbestimmten Leibes verursacht. Die Neuschöpfung<br />

des Leibes ist vielmehr jeder dieser Entwicklungen inhärent." (Laqueur 1992:24)<br />

Für Laqueur lässt sich Sex nicht <strong>von</strong> Gender 8 trennen, da das biologische Geschlecht<br />

ausschließlich im Kontext des soziokulturellen Geschlechts und <strong>von</strong> Macht analysiert werden<br />

kann, da es in diesem Kontext ent- und besteht und die Wissenschaft die Unterschiede nicht<br />

erforscht, sondern diskursiv herstellt.<br />

Wird nun also durch eine historische Genealogie <strong>von</strong> Geschlecht ersichtlich, dass auch das<br />

biologische Geschlecht, die vermeintlichen Grundlage für unsere scheinbar unveränderbare<br />

Geschlechtsidentität, kulturell hergestellt ist, so ist dieses als Grundlage für die kulturellen<br />

Zuschreibungen je Geschlecht (Mann/Frau) obsolet.<br />

2.2. Historische Entstehung der Heterosexualität<br />

Eine Geschichte nach Jonathan Katz (1996)<br />

"heterosexuality, like homosexuality, is a social-historical construction." (Katz 1996:11)<br />

8 Hausman kritisiert an Laqueurs Arbeit, dass er trotz seines Versuchs mit den jeweils gültigen Konzepten zu arbeiten, Gender<br />

als Begriff und Idee auf frühere gesellschaftliche Zusammenhänge anwendet (vgl. Hausman 1995:183).<br />

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